2016-10-27 12:56:00

Der Kirche dienen, wie sie ist, nicht wie man sie sich denkt


Zu einer „Intelligenz der Liebe“ hat Papst Franziskus im Umgang mit Ehen in der Krise geraten. Es gelte, angesichts der „Verletzlichkeit und der Möglichkeit des Scheiterns einer Liebe zwischen Menschen“ „großes Mitgefühl und Barmherzigkeit“ aufzubringen. Der Papst sprach zum 35. Jahrestag der Gründung des Päpstlichen Instituts Johannes Paul II. Es dient Studien zur kirchlichen Ehe- und Familienpastoral.

„Heutzutage werden die Bande von Ehe und Familie vielfältig auf die Probe gestellt. Zur Krise der Familie heute trägt einiges bei: eine Kultur des Individualismus, ein irregehender Freiheitsbegriff, wachsende Gleichgültigkeit gegenüber dem Gemeinwohl, Ideologien, die sich direkt gegen das Familienprojekt richten, aber auch die wachsende Armut, die die Zukunft vieler Familien bedroht.“ Wegen der „Komplexität“ dieser Herausforderungen habe er „eine stärkere Verbindung“ zwischen dem Studieninstitut und der Päpstlichen Akademie für das Leben gewünscht. Vor Kurzem hatte Papst Franziskus im Rahmen der Neugliederung der Vatikanischen Institutionen beiden Institutionen denselben Leiter gegeben, Erzbischof Vincenzo Paglia.

Schnelldurchlauf durch sein Apostolisches Schreiben Amoris Laetitia

Franziskus gab in seiner Ansprache eine Art Schnelldurchlauf durch sein Apostolisches Schreiben Amoris Laetitia, mit dem er Schlußfolgerungen aus einem jahrelangen synodalen Weg zur Ehe- und Familienpastoral gezogen hat. Er bekräftigte, dass eine Ehe der „Bund zwischen einem Mann und einer Frau“ sei, und äußerte sich auch zum Thema Gender. „Die Anerkennung der Würde eines Mannes und einer Frau bringt auch mit sich, dass ihre Beziehung richtig eingeordnet wird. Wie können wir wirklich etwas über unser konkretes Menschsein aussagen, wenn wir es nicht durch diese Differenz lernen? ... Man kann nicht leugnen, was die moderne Kultur für die Wiederentdeckung der Würde der Geschlechterdifferenz geleistet hat. Umso beunruhigender ist es dann aber, wenn man feststellen muss, dass diese Kultur wieder blockiert wirkt durch eine Tendenz, die diese Differenz ausradieren will, statt die Probleme, die mit ihr zusammenhängen, zu lösen.“

Die Kirche sehe in der Familie „die Ikone des Bundes Gottes mit der ganzen Menschheit“, fuhr der Papst fort. „Darum bemüht sich die Kirche voller Nachsicht darum, auf dem Gebiet der Lehre und der Seelsorge die Wahrheit und Schönheit des göttlichen Schöpfungsplans zu entwickeln. Das verlangt in unserer heutigen, komplexen Situation eine besondere Intelligenz der Liebe. Und auch eine starke Hingabe ans Evangelium, bewegt von großem Mitleid und Barmherzigkeit für die Verletzlichkeit und die Möglichkeit des Scheiterns einer Liebe zwischen Menschen.“

Es gebe die Gnade, aber auch die Sünde, so der Papst: „Lernen wir also, uns mit dem menschlichen Scheitern nicht abzufinden... Es stimmt schon, dass wir manchmal ein allzu abstraktes theologisches Ideal der Ehe präsentiert haben... Die Gerechtigkeit Gottes leuchtet auf in der Treue zu seinem Versprechen. Und dieser Glanz ist, wie wir von Jesus gelernt haben, seine Barmherzigkeit.“

Das Institut Johannes Paul II. solle dazu beitragen, die kirchliche Lehre und Pastoral im Bereich Ehe und Familie neu zu justieren, so wie das die Bischofssynoden im Vatikan gefordert hätten. „Theologie und Pastoral gehören zusammen. Eine theologische Lehre, die sich nicht von der pastoralen Sorge der Kirche leiten lässt, ist genauso undenkbar wie eine Seelsorge der Kirche, die nicht aus ihrer Offenbarung und ihrer Tradition schöpft... Es geht um die Verwurzelung in der Freude des Glaubens und in der Demut eines freudigen Dienstes an der Kirche. Der Kirche, wie sie ist, nicht einer Kirche, die man sich nach eigenem Bild und Gleichnis zurechtdenkt!“

(rv 27.10.2016 sk)








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