2016-10-26 11:16:00

Papst bei Generalaudienz: Mauern fördern Menschenhandel


Mauern gegen Menschen schaden der Solidarität und fördern Angst: In seiner Reihe über die Werke der Barmherzigkeit hat der Papst an diesem Mittwoch erneut zu Solidarität gegenüber Flüchtlingen und Migranten aufgerufen. Ausgehend vom Wort Jesu „Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen, ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben“ (Mt 25, 35-36) wandte sich Franziskus bei der Generalaudienz gegen Gleichgültigkeit und Verschlossenheit.

Wirtschaftskrisen, bewaffnete Konflikte und Klimaveränderungen trieben heute zahlreiche Menschen in die Flucht. Dennoch sei Migration „kein neues Phänomen“, sondern gehöre zur Menschheitsgeschichte, erinnerte Franziskus: das zu vergessen, bedeute „mangelndes Geschichtsbewusstsein“. Die Heilige Schrift biete zahlreiche Beispiele von Flucht und Migration, so der Papst: Abraham, der - dem Ruf Gottes folgend - sein eigenes Volk verließ. Das Volk Israels, das aus der Sklaverei Ägyptens floh und eine beschwerliche Reise auf sich nahm. Und die Heilige Familie, die vor den Drohungen Herodes’ floh, um ihr Leben zu retten: „Die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte der Migrationen, es gibt kein Volk, das nicht dieses Phänomen kennengelernt hat“, so der Papst wörtlich.

Mauern fördern Menschenhandel

Entschieden wandte sich der Papst gegen das Errichten von Mauern, um sich von Flüchtlingen abzuschirmen. Die umgehende Angst vor wirtschaftlichem Abstieg fördere solche Verhaltensweisen, analysierte er, sie boykottierten aktive Formen der Solidarität und gäben zugleich dem Menschenhandel Auftrieb: „Es scheint manchmal so, dass das stille Wirken vieler Männer und Frauen, die Flüchtlingen und Migranten auf verschiedene Weise helfen, vom Lärm derjenigen überdeckt wird, die ihrem instinktiven Egoismus Stimme verleihen. Doch das Sich-Abschließen ist keine Lösung, im Gegenteil, es fördert kriminellen Handel. Der einzige Weg ist Solidarität. Solidarität… Solidarität gegenüber dem Migranten, Solidarität gegenüber dem Fremden.“

Geschichten hören, die das Herz verändern

Entschieden rief der Papst jeden einzelnen Christen und alle kirchlichen Gruppen in die Pflicht, sich für diese Menschen einzusetzen: „Wir alle zusammen sind eine große Unterstützung für diejenigen, die Heimat, Familie, Arbeit und Würde verloren haben.“ „Dem Nackten Kleidung geben“ heiße vor allem, den Opfern unmenschlichen Handelns ihre Würde zurückzugeben, führte Franziskus mit Blick auf Jesu Worte weiter aus, zum Beispiel Prostituierten und minderjährigen Opfern des Menschenhandels: „Denken wir an die Frauen, die (…) auf die Straßen geworfen werden, an die vielen Arten, auf die der menschliche Körper als Ware missbraucht wird, selbst bei Minderjährigen. Auch Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und unterbezahlte Arbeit ist eine Form der Nacktheit, auch Diskriminierung aufgrund ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit – wir Christen sind hier aufgerufen, sensibel und wachsam zu sein, bereit zur Aktion.“   

Wie etwa die armenische Frau, die in Rom einem barfüßigen Flüchtling ein Taxi besorgte, damit dieser zum Petersdom fahren und durch die Heilige Pforte pilgern konnte – der Papst illustrierte an einem Beispiel, was Solidarität im Alltag bedeuten kann: „Dieser Mann erzählte seine Geschichte des Schmerzes, von Krieg, Hunger und warum er aus seiner Heimat geflohen war. Als sie ankamen, bezahlte die Frau das Taxi und der Fahrer, der anfangs nicht wollte, dass der Flüchtling einstieg, weil er stank, sagte: ,Nein, Signora, ich muss Sie bezahlen, denn Sie haben mich eine Geschichte hören lassen, die mein Herz veränderte.‘“

Solidarität stiftet Frieden und sozialen Zusammenhalt

Nicht Mauern und Angst, sondern Offenheit und aktive Solidarität hätten das Potential, Frieden zu stiften und sozialen Zusammenhalt zu fördern, erinnerte der Papst. Und er appellierte: „Liebe Brüder und Schwestern, tappen wir nicht in die Falle, uns zu verschließen, gleichgültig gegenüber den Bedürfnissen unserer Geschwister und nur um eigene Interessen kreisend. Das Leben wird gerade in dem Maße fruchtbar, in dem wir uns den anderen öffnen, und Gesellschaften erlangen wieder den Frieden und die Menschen wieder ihre volle Würde. Und vergessen wir nicht diese Frau und den stinkenden Migranten und den Taxifahrer, den der Flüchtling tief veränderte. Danke.“

(rv 26.10.2016 pr)








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