2016-10-25 11:08:00

Papstmesse: „Strenge macht uns zu Waisenkindern“


Nicht durch gute Strukturen oder schlau ausgedachte Organigramme wächst das Reich Gottes, sondern im Unscheinbaren und durch Fügsamkeit. Darauf machte Papst Franziskus am Dienstag aufmerksam. In der Santa-Marta-Kapelle im Vatikan predigte er über ein paar Zeilen aus dem Lukas-Evangelium, in denen Jesus unter anderem bemerkt, das Reich Gottes sei wie ein Senfkorn: zunächst ganz klein, dann aber in die Höhe wachsend.

Nichts ein für allemal Festgesetztes sei das Reich Gottes, sagte Franziskus dazu, sondern es befinde sich im Werden, im Wachsen, „auf dem Weg“. „Was ist das Reich Gottes? Nun ja – vielleicht eine richtig gut gemachte Struktur, wo alles geordnet ist, durchdachte Organigramme, und was da nicht hineinpasst, ist nicht Reich Gottes? Nein. Mit dem Reich Gottes verhält es sich vielmehr wie mit dem Gesetz... Es ist dafür da, es zu durchlaufen, das Reich Gottes ist unterwegs. Es steht nicht still. Mehr noch: Das Reich Gottes macht man, täglich.“

Jesus spreche in seinen Gleichnissen von „Dingen des täglichen Lebens“, fuhr der Papst fort: vom Sauerteig, der „kein Sauerteig bleibt“, weil er sich „mit dem Mehl mischt“, sich verändert und dabei „zu Brot wird“. Vom Samen, der „kein Samen bleibt“, weil er „stirbt und dem Baum Leben gibt“. „Sauerteig und Samen sind auf einem Weg, um etwas anderes zu werden“, so Franziskus; sie „sterben“. Es gehe hier nicht um Klein- oder Großsein, sondern „um den Weg“. „Auf dem Weg geschieht die Verwandlung.“

„Mehl hat keine Gefühle“

Wer das Gesetz Gottes kenne und sich nicht auf den Weg mache, so Franziskus weiter, der habe eine starre, strenge Haltung. Er schloß damit gedanklich an die Predigt der Frühmesse von diesem Montag an. „Welche Haltung verlangt der Herr von uns, damit das Reich Gottes wächst und zu Brot und Zuhause für alle wird? Die Fügsamkeit. Das Reich Gottes wächst mit der Fügsamkeit gegenüber der Kraft des Heiligen Geistes. Mehl ist kein Mehl mehr, sondern wird Brot, weil es der Kraft des Sauerteigs gegenüber fügsam ist, und der Sauerteig lässt zu, dass man ihm mit dem Mehl mischt... ich weiß nicht, Mehl hat keine Gefühle, aber wenn man es einfach so mit anderem vermischt, könnte man denken, es leidet ein bisschen darunter, oder? Und dann lässt es sich ja auch backen... Aber das Reich Gottes, das wächst auf diese Art. Und zum Schluss ist es Nahrung für alle.“

Fügsame Männer und Frauen brauche das Reich Gottes, fuhr der Papst fort: „Sie wachsen und werden zu einer Gabe für alle. Auch der Same ist fügsam und wird dadurch fruchtbar, er verliert seine Identität als Samenkorn und wird zu etwas anderem, viel Größerem – er verwandelt sich.“

Das Reich Gottes beschrieb Franziskus analog zu diesen Gleichnissen als „etwas Entstehendes“, „unterwegs zur Fülle“. „Es entsteht Tag für Tag, mit der Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist, der unseren kleinen Sauerteig oder unser kleines Samenkorn mit der Kraft vereint und verwandelt.“ Wer sich allerdings auf keinen Wachstumsprozess einlasse, der werde „streng“: „Und die Strenge macht uns zu Waisenkindern, zu vaterlosen Menschen.“

„Der Strenge hat nur Herren, er hat keinen Vater. Das Reich Gottes ist wie eine Mutter, die wachsen lässt, die sich selbst hingibt, damit ihre Kinder zu essen und ein Dach überm Kopf haben... Heute ist ein guter Tag, um um die Gabe der Fügsamkeit dem Heiligen Geist gegenüber zu bitten. So oft sind wir unseren Launen gegenüber fügsam: Ich mach’ doch, was ich will... Doch so wächst das Reich nicht, so wachsen auch wir selbst nicht. Es ist die Fügsamkeit dem Heiligen Geist gegenüber, die uns wachsen lassen und uns verwandeln wird wie den Sauerteig und das Samenkorn. Möge der Herr uns allen die Gnade dieser Fügsamkeit geben!“

(rv 25.10.2016 sk)








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