2016-10-14 17:34:00

Überraschungsbesuch: Papst im SOS-Kinderdorf in Rom


„Kein Kind wird geboren, um allein aufzuwachsen": Das hat Papst Franziskus am Rand seines Überraschungsbesuchs im „SOS Kinderdorf“ in Rom angemerkt. Am Freitagnachmittag machte er sich zu der Fürsorge-Einrichtung im Stadtteil Boccea auf; der Vatikan informierte, wie bei dieser Art von Visite üblich, erst im Nachhinein darüber. „Wir selbst haben 30 Minuten vor seiner Ankunft davon erfahren, dass gleich der Papst kommt“, sagte im Gespräch mit Radio Vatikan Paolo Contini, der Leiter des Kinderdorfs, der das Protokoll der Visite folgendermaßen schilderte: „Franziskus hat ganz einfach darum gebeten, die ganze Zeit mit den Kindern und Jugendlichen zubringen zu können. Er hatte Süßigkeiten dabei und teilte sie mit ihnen, hat ihnen alles erlaubt.“ Kurz, der Papst übernahm die Rolle des Großvaters.

Die Kinder zeigten dem Papst den Garten mit Spielplatz, Beachvolleyball- und Fußballfeld, die zu der Einrichtung gehören, und erzählten ihm ihre Geschichten. In der Einrichtung leben verstreut auf sechs kleinere Häuser 30 Kinder im Alter bis zu 12 Jahren, zusätzlich ist Platz für einige Jugendliche, die hier groß wurden und nun als Freiwillige mithelfen. „Sympathisch war, als der Papst einen unserer Jungen, er ist 14 Jahre alt, fragte, ob der ihm seine Kopfhörer leiht, mit denen er gerade Musik hörte. Da gibt es also das Bild des Papstes mit diesem großen Kopfhörer, wie er Rap oder Techno hört und sich amüsiert über diese neue Erfahrung…!“

Das erzieherische Konzept der SOS-Kinderdörfer ist es, eine möglichst familienähnliche Umgebung für die kleinen Gäste zu schaffen. „Die Kinder werden uns vom Jugendgericht zugewiesen“, erklärt Paolo Contini. „Oft sind es Kinder aus ganz verwahrlosten Verhältnissen, da geht es um Schulden, Drogensucht der Eltern, Gewalt oder auch eine kulturelle Armut, die den Eltern nicht erlaubt, die Bedürfnisse der Kinder zu erkennen.“ Zwei Erzieher sind rund um die Uhr für die Kinder da. Eine wichtige Rolle spielen aber im Konzept der SOS-Kinderdörfer auch die „Geschwister“. „In unseren Häusern leben Kinder aller Altersstufen“, erklärt Contini, „und sie sind gewissermaßen miteinander Familie!“

Genau das ist die Idee hinter den SOS-Kinderdörfern, die auf den Österreicher Hermann Gmeiner (1919-1986) zurückgehen. Gmeiner hatte als Kleinkind seine Mutter verloren, die älteste Schwestern übernahm daraufhin die Rolle der Mutter für alle acht Geschwister. In Erinnerung an diese Situation und erschüttert vom Elend der Waisenkinder in der Nachkriegszeit, gründete der Medizinstudent Gmeiner in Imst in Tirol das erste SOS Kinderdorf mit einem innovativen Ansatz. Anders als das klassische Waisenhaus, sollte die Einrichtung für die Kinder dem Leben in einer Familie möglichst nahe kommen, mit Wärme, menschlicher Nähe und Zuwendung durch immer dieselben Betreuungspersonen. Erzieher und Freiwillige kümmern sich über Jahre um die Kinder. SOS-Kinderdörfer gibt es heute in 133 Ländern der Welt.

Das ganze römische Kinderdorf war überglücklich über den hohen Besuch, schilderte Contini. „Die Größeren konnten es gar nicht glauben: für sie, die sie eigentlich immer ausgegrenzt wurden, die Gesellschaft und das Leben grenzen sie aus, war es eine tiefe Emotion, sich auf diese Weise auserwählt zu fühlen. Sie waren alle ganz glücklich. Und die Kleinen freuten sich, dass sie diesen Mann in Weiß kennenlernen konnten, der so nett war und ihnen so viel Naschereien brachte…“

Die Papstvisite im Kinderdorf reihte sich ein in die „Freitagsbesuche", die Franziskus zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit unternimmt. Zuletzt hatte der Papst eine Neugeborenenstation in einem römischen Krankenhaus und anschließend ein Sterbehospiz angesteuert. Auf dem Rückweg vom SOS-Kinderdorf zum Vatikan besuchte der Papst am Freitag den betagten Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo im Pflegeheim „Villa Betania".

(rv 14.10.2016 gs)








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