2016-10-12 10:46:00

Syrien/Italien: Bilder des „unmenschlichen Konflikts“


Einen unmenschlichen Konflikt hat Papst Franziskus das Morden in Syrien bei der Generalaudienz an diesem Mittwoch genannt, und was genau das bedeutet, kann man in diesen Tagen in Rom besichtigen. Eine Ausstellung zeigt Fotografien von „Caesar“, einem ehemaligen Gerichtsfotografen der syrischen Militärpolizei, die dieser zwischen 2011 und 2013 in den Gefängnissen von Damaskus gemacht hatte. Die Ausstellung war bereits bei der UNO in New York, im US-Kongress und anderen Hauptstädten Europas zu sehen, nun also in Rom.

55.000 Fotos habe der Fotograf, der nur unter dem Codenamen „Caesar“ bekannt ist, aus dem Land geschmuggelt, erklärt Mouaz Moustafa, Chef der Syrian Emergency Task Force, die sich für einen Regimewechsel in Syrien einsetzt: 55.000 Fotos von zu Tode gefolterten Männern, Frauen und Kindern, es geht um mehr als 10.000 Menschen.

Man arbeite derzeit daran, die Menschen auf den Bildern zu identifizieren und sich dann für Gerechtigkeit einzusetzen. „Wir haben bisher nur die Gesichter und die Nummern, die auf die Körper geschrieben sind“, erklärt Moustafa. „Wir kennen bisher nur 780 von ihnen, wir wollen aber alle herausfinden, so dass wir die Familien unterrichten und uns für Gerechtigkeit einsetzen können.“

Es sei schwer, herauszufinden, wer genau fotografiert worden sei, weil die Umstände das oft nicht zulassen. „Sie sehen hier nur die ‚schönsten’ Bilder, wenn Sie so wollen. Es gibt Bilder, auf denen Menschen zu sehen sind, die mit Säure übergossen sind und bei denen die Haut abpellt, da ist eine Identifizierung geradezu unmöglich.“ Das ginge nur mit Hilfe der Familien, so schwer das auch sei. Manche seien erleichtert, dass es nun vorbei sei und man Gewissheit habe. Außerdem würden die Folterer auch als Erpresser tätig und ließen sich von Familien bezahlen, nicht zu brutal zu sein; all das komme durch eine Identifizierung an ein Ende.

„Natürlich ist die erste Reaktion die, Gerechtigkeit zu verlangen, jeder von ihnen will das“, fügt Moustafa hinzu. „Wer ist verantwortlich? Unser Sohn, unsere Tochter ist nicht mehr, wie bekommen wir Gerechtigkeit?“ Das sei aber ein sehr schwieriges Unternehmen; ohne eine zweite Staatsangehörigkeit der Opfer ginge da fast gar nichts, sagt Moustafa. Das Anrufen des Internationalen Strafgerichtshofes werde von Russland mit dem Veto belegt. „Das ist schwer... Sie haben immer gewusst, dass sich niemand dafür interessiert, was mit ihnen geschieht. Aber dieser Moment der Gewissheit, ohne vor Gericht gehen zu können, beweist ihnen ganz direkt, dass ihr Leben nicht zählt.“

Zweieinhalb Jahre lang habe der Fotograf Bilder gemacht und durch das Herausschmuggeln dann sein Leben in Gefahr gebracht; sowohl die Regierung als auch die Opposition hätten ihn umbringen wollen. „Caesar ist ein Held, aber nicht nur ein Held Syriens, sondern ein Held der Menschheit!“

(rv 12.10.2016 ord)








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