2016-09-28 10:28:00

D: Streitgespräch zwischen AfD und katholischen Laien


Es war beim Katholikentag in Leipzig noch nicht denkbar: AfD-Politiker Alexander Gauland und der Vorsitzende des Zentralrats deutscher Katholiken (ZdK) haben bei einem öffentlichen Streitgespräch über die Angst vor Flüchtlingen diskutiert. Wo um den Katholikentag in Leipzig noch heftig diskutiert und die AfD schließlich ausgeladen wurde, lief das Gespräch in Dresden erstaunlich gut, sagte der Leiter des Ortes der Veranstaltung, der katholischen Akademie Dreden, Thomas Arnold, im Gespräch mit dem Kölner Domradio.

„Als wir gefragt haben, wussten wir auch nicht wie es wird. Jetzt können wir sagen: Es haben sich alle Beteiligten, Diskutanten und Publikum auf eine Diskussion eingelassen, auf einem sehr guten Niveau mit Argumenten gegeneinander gestritten, ohne auf einer persönlichen oder emotionalen Ebene ausfällig zu werden.

Immerhin war Alexander Gauland bis 2013 in der CDU, Thomas Sternberg ist noch aktiver CDU-ler. Aber angesichts dieser Gemeinsamkeit seien doch eher die Unterschiede spürbar gewesen, meint Arnold: „Da sind schon zwei Welten aufeinandergetroffen. Auf der einen Seite ein Herr Sternberg, der sehr stark dafür votiert, das Christliche hervorzuheben und dafür appelliert, sich zu engagieren in der Gesellschaft und sich auch in der Flüchtlingshilfe einzubringen. Ihm geht es darum, weltoffen zu sein, den interreligiösen Dialog zu suchen, sich auszutauschen und den Mut zur Veränderung zu behalten. Und dann stand auf der anderen Seite Herr Gauland, der sagt, er möchte eine Grundsatzdebatte haben über Grenzsicherung, er möchte die Identität erhalten, indem er Deutschland so erhält, wie er es über Jahrzehnten kennt.”

Für viele dürfte Deutschland tatsächlich kaum mehr wiederzuerkennen sein, vor allem deshalb, weil die rechte Gewalt immer krassere Ausmaße annimmt. Denken wir nur an die Schlägerei in Bautzen zwischen Rechten und Flüchtlingen. Und nun werden in Dresden gerade noch die Täter der Sprengstoffattentate auf eine Moschee und ein internationales Kongresszentrum ermittelt, es ist noch unklar, ob die Gewalt von rechts oder links kam.

„In der Diskussion haben beide das natürlich verurteilt. Herr Gauland hat auch darauf hingewiesen, man wisse ja noch nicht aus welchem Hintergrund diese Anschläge geschehen sind. Aber ich finde das Argument von Herrn Sternberg sehr interessant, der nämlich sagte, solchen Taten gehe eine Verrohung der Sprache voraus. Das ist etwas, was wir sehr stark beobachten, dass es zu einer Verrohung der Sprache kommt, die dann Brandstifter für Taten ist wie Bautzen oder Heidenau ist. Und die Liste können wir weiterführen. Wir haben das ganz oft erlebt. Als katholische Akademie wollen wir dafür sorgen, dass wir wieder zu einer Sprache kommen, die miteinander diskutiert, die aber nicht zum Brandstifter für Taten wird gegen andere Gruppen und Religionen.

Sicher sei in Sachsen eine Angst in der Gesellschaft spürbar. Die Aufgabe der Kirche ist es nun, die Zeichen der Zeit, die Ängste und Nöte und auch die Freuden der Menschen wahrzunehmen. „Und wir haben uns deswegen entschieden zu sagen: Wir müssen über diese Fragen diskutieren, wir wollen nicht über die Argumente anderer diskutieren, sondern wir wollen sie hören und mit reinnehmen. Und dann soll das Publikum mit seinem Gewissen selber entscheiden, wem sie folgen wollen und welche Meinung sie überzeugt.

Das Risiko, die AfD einzuladen, um mit ihr zu streiten, nahm der Veranstalter in Kauf. Diejenigen, die gestern gut zugehört hätten, könnten sagen, dass die Argumente auf Dauer nicht haltbar seien. Etwa beim Beispiel Identitätsfrage.

„ Die Identitätsfrage stand schon ganz am Anfang der Debatte. Gauland hat sehr stark dafür votiert, die Identität zu erhalten, indem alle Sachen so bleiben, wie sie sind. Sternberg hat immer wieder gesagt, wir müssen Veränderung wagen um Identität zu erhalten. Gerade durch die Veränderung entstehe erst eine Identität. Das haben wir auch schon in der Geschichte erlebt.”

(domradio 28.09.2016 cz)








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