2016-08-28 09:00:00

Mutter Teresa: „Ich muss die Menschen nur lieben“


„Ich war Übersetzer, ich war Chauffeur, ich war Kofferträger, ich war Priester“: Leo Maasburg beschreibt im Rückblick seine Rolle an der Seite von Mutter Teresa als sehr vielschichtig. Sechs Jahre lang hat er sie begleitet, und anlässlich ihrer Heiligsprechung erzählt er ausführlich von „seiner" großen Heiligen. Wobei: so im Tiefsten überzeugt war er am Anfang nicht von Mutter Teresa. „Ich habe sie kennengelernt und war sehr skeptisch – ich dachte aha, eine von diesen römischen Heiligen. Aber das wurde dann mein Lehrgang.“

Während seines Studiums der Missionswissenschaften in Rom sei er manchmal direkt nach den Vorlesungen zum Flughafen gefahren, „Ich hab den Übergang zur Globalisierung damals vollzogen. Ein paar Jahre vor dem öffentlichen Bewusstsein, dass wir plötzlich eine weltweite Gesellschaft sind, dass Entfernungen fast keine Rolle mehr spielen, dass wir andere Kulturen kennen und wertschätzen müssen. Wir haben in der Universität studiert, in der Praxis am nächsten Tag erlebt. Das hat mir sehr das Bewusstsein geöffnet: Wir sind eine Weltgesellschaft. Das war auch genau die Sicht von Mutter Teresa: dass sie jede Kultur und jede Religion geschätzt hat. Sie war keine Theoretikerin, sondern ganz praktisch. Ich hab sie einmal gefragt: Mother, warum entwickelt sich Afrika so langsam. Sie: Father you know, wir denken über diese Sachen nicht nach. Wir schauen, wo die Not ist, und wenn wir helfen können, da helfen wir. Sie war sehr pragmatisch in der Hinsicht.“

„Die Liebe bekehrt, wen sie will“

„Ich glaube in der Zeit hat sich auch ein neue Verständnis von Bekehrung in mir herausentwickelt“, berichtet Maasburg. „Mutter Teresa ist einmal gefragt worden: Wollen Sie Menschen bekehren.? Sie: ‚Ja, aber nicht so wie Sie meinen. Ich möchte Menschen näher zu Gott bringen. Wenn Sie näher zu Gott kommen, kann Gott mit Ihnen machen, was er will‘. Sie sagte auch: ,Am Anfang dachte ich, ich müsse die Menschen bekehren. Später dann erkannte ich: ich muss sie nur lieben. Und die Liebe bekehrt, wen sie will. Das ist ein sehr wichtiger Satz. Diese Nähe zu Gott ist genau das, was ich bei Papst Franziskus entdecke. Genau die gleiche Grundlage: Den Menschen die Zärtlichkeit Gottes beitragen.“

Wie kann man Mutter Teresa beschreiben? Die meisten Christen würden wohl auf ihr Engagement für die Armen hinweisen. Nicht so Leo Maasburg. „Ihr Leben war in erster Linie ein Zeugnis für Christus, das war ihr das wichtigste. Sie war schwer verliebt in Christus – da hat sie drei Charakteristiken immer gezeigt: Liebevolles Vertrauen – nicht nur in die Vorsehung, sondern in Gott allgemein; eine vollkommene Hingabe an seinen Willen“. „Normal“ sei sie gewesen, sehr fürsorglich für andere und streng gegen sich selber. Und sie hatte eine besondere Ausstrahlung: „Sie hat einem gegeben, wonach sich jeder Mensch sehnt: Akzeptanz, bedingungslose Annahme wie man ist, und Geborgenheit. Wenn sie einen an der Hand genommen hat, war das eine Wärme und Stärke gleichzeitig. Man dachte: Hier möchte ich bleiben – wie die Jünger im Evangelium. Sie hat eine sehr mütterliche Ausstrahlung gehabt, umarmend, aber keineswegs schwach.“

Der Umgang mit Geld

Es gab immer und gibt noch Kritik an der Heiligen, zum Beispiel dass die Finanzen und Spenden undurchsichtig geblieben seien, dass man nicht genau wisse, wo das Geld geblieben sei und so weiter. Intransparent war ihr Umgang mit Geld sicher nicht, weist Maasburg das zurück. „Die Anschuldigungen müssten einfach einem Steuerprüfer unterworfen werden. Die Schwestern sind in jedem Land den jeweiligen Landesgesetzen genauso unterworfen wie jeder von uns.“ Und Maasburg ordnet das in einen größeren Zusammenhang ein: Mutter Teresa habe gewusst, „dass Geld für alle Menschen immer eine bleibende Versuchung ist.“ Mutter Teresa hat eine totale Transparenz verlangt über jeden Cent, der rein- oder rausgegangen ist. Zum Beispiel musste jedes Haus Bücher führen mit Ein- Ausgang, mit Datum, Betrag, Grund – eine normale einfache Buchhaltung, aber minutiös.“ Der Heiligsprechung steht die Kritik nicht im Wege, schließt er an: „Jede Kritik, die geäußert worden ist, ist im Seligsprechungsprozess behandelt worden.“

Und was erwartet sich der langjährige Begleiter von der Heiligsprechung? „Ich erwarte mir von dem öffentlichen Bewusstsein, dass es bemerkt, dass Mutter Teresa neben ihrem großen sozialen Engagements auch eine andere Botschaft hatte: Gott liebt euch, sehnt sich nach euch; ihr könnt Gott begegnen in den Ärmsten der Armen. Sie nur als Sozialarbeiterin zu sehen, hieße, sie sehr zu verkennen. Die Botschaft ist nur in dem Kontext, im Glaubenszusammenhang vollständig. Dann wird die Botschaft von Mutter Teresa rund.“
 

(kap 28.08.2016 ord)








All the contents on this site are copyrighted ©.