2016-08-26 09:58:00

Syrien: Die Kriege der Mächtigen und das Leiden der Kinder


Die Türkei greift militärisch in Syrien ein, mit der Hilfe der USA. Aber während die USA die Kurden dort unterstützen, als Kämpfer gegen den IS, richtet sich der türkische Angriff auch gegen die Etablierung einer kurdischen Zone. Aber auch die Türkei ist gegen den IS, aber während man früher deutlich gegen Syriens Präsidenten Assad Stellung bezogen hat, ändert sich das nun. Russland und der Iran, Kurden in Syrien, in der Türkei und im Irak, die USA und die verschiedenen Oppositionen, mittendrin der so genannte Islamische Staat: Es ist schwer, den Überblick zu behalten, wer mit wem gegen wen agiert und kämpft. Wöchentlich scheint sich das zu ändern, dabei dauert der Krieg im Land seit fünfeinhalb Jahren.

„Vor dem Arabischen Frühling und Herbst, als die Revolutionen kamen, haben wir als Christen sehr gut in Syrien leben können, es gab keine Diskriminierung dort, Christen und Muslime haben sich als gleichberechtigt gesehen.“ Klaus Bazerji ist aus Aleppo geflohen und lebt und studiert jetzt in Deutschland Ingenieurwesen. Aber auch wenn er nun in Sicherheit ist, glücklich ist er nicht. „Auch hier fühle ich irgendwie Diskriminierung, einige Leute lassen mich spüren, dass ich nicht willkommen bin. Das sind aber keine Deutschen, das sind andere Ausländer.“ Deswegen die starke Überzeugung seines Bruders, George Bazerji: „Wir möchten zurück, wir möchten Syrien wieder aufbauen“.

Diese Stimmen der Menschen verhallen im großen militärischen und politischen Durcheinander. Es scheint, dass es kleine Schritte braucht, die dem Alltag der Menschen helfen, aber selbst die sind nicht so einfach, wie Pater Firas Lufti erklärt, Franziskanerpater in Aleppo. „Die Waffenstillstände zum Beispiel sind auf der einen Seite unentbehrlich, denn ohne kann man in Aleppo nicht mehr leben. Ich selber kann während des Beschusses in der Nacht kein Auge zumachen, schlimmer noch trifft es die Kinder, die sich jedes Mal unter dem Bett verstecken, weil sie glauben, die nächste Bombe treffe sie. Gleichzeitig ist so ein Waffenstillstand auch die Gelegenheit, sich neu zu bewaffnen, die Angriffe zu erneuern. Das kann also nicht die Lösung der Probleme in Syrien sein.“ Schlimm sei auch, dass der Konflikt immer gleich überhöht werde, fügt Pater Lufti hinzu. „Jede Information gibt immer einen Standpunkt wieder, im Guten wie im Schlechten. Wer wie wir in von der Regierung kontrolliertem Gebiet lebe, der sieht jeden Angriff natürlich als Invasion und als den Beginn eines Heiligen Krieges gegen uns.“ Die Perspektiven seien eingeengt, das helfe nicht bei der Wahrnehmung der Komplexität des Ganzen.

Den Menschen vor Ort sei aber auch gar kein anderer Blick möglich, bekennt Pater Lufti. Aleppo sei wie ein Gefängnis, jedenfalls der von den Truppen Assads kontrollierte und deswegen von den Dschihadisten eingekesselte Teil. Kein Strom für Licht oder Wasserpumpen, die Krankenhäuser in fürchterlichem Zustand, und dann der Beschuss. „Es ist wirklich eine große humanitäre Katastrophe und ein riesiges Desaster.“

Und wenn er auf die Eingriffe von außen blicke, politisch wie militärisch, dann hat er nicht viel Hoffnung. „Die Mächtigen machen den Krieg, es ist ein schlimmes Spiel der ökonomischen, politischen und geopolitischen Interessen. Es sind die Unschuldigen, die den Preis dafür bezahlen. Auf allen Seiten. Besonders trifft es die Kinder und die Frauen.“

 

(rv 25.08.2016 ord)








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