2016-08-23 09:16:00

Brasilien: „Die gleichen Herausforderungen wie vor den Spielen“


Nach Olympia ist vor Olympia: Bevor am 7. September die paralympischen Spiele in Rio de Janeiro beginnen werden, steht die Rückschau auf die olympischen Spiele auf dem Programm. Und glaubt man den internationalen Medien, dann steht es nicht gut. Doping und Korruption war immer wieder ein Thema, aber auch der Kontrast zwischen reichem Sport und den armen Stadtvierteln Rios ist immer wieder thematisiert worden, auch bei den Sportlern selber, wie Olympia-Seelsorger Rolf Faymonville dem Domradio berichtet: In einer Stadt wie Rio kann man auch an vielen Themen nicht vorbeischauen. Wenn man die Kontraste des Alltags in Rio sieht, stellen sich die Fragen nach dem Sinn des Lebens.“ Sinn des Lebens: die Kontraste zwischen Arm und Reich haben auch in Sportlern eine Frage aufkommen lassen: „Es gab Begegnungen, wo Sportler mit Brasilianern zu tun hatten, denen es nicht gut geht und mit Kindern aus den Armutsvierteln. Da haben sich einige Gedanken gemacht: Da muss es ja noch mehr geben als den Sport. Was können wir tun, um Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit mitzugestalten. Es gab ja auch Sportler, die bei der Adveniat-Aktion ‚Rio bewegt. Uns.‘ mitgewirkt haben.“ Die Realität war also niemals draußen aus dem olympischen Dorf.

Von außerhalb des Olympia-Kosmos berichtet Stephan Jentgens Ähnliches, er ist Geschäftsführer des Lateinamerikahilfswerks Adveniat, das die angesprochene Aktion ‚Rio bewegt. Uns’ trägt. „Die Arbeit von Adveniat ist noch markanter und noch politischer geworden. Wir haben neue Interessengruppen angesprochen, die sonst von der Kirche nicht so direkt angesprochen werden. Vor allem die Sportlerinnen und Sportler in den Vereinen.“

Realität blieb nicht vor dem olympischen Dorf stehen

Vor allem aber hat Adveniat den Blick auf die soziale Realität im Land gerichtet, berichtet Jentgens. „Die Erwartungshaltung war, dass sich vor allen Dingen im Sozialbereich und im Gesundheitswesen einiges verbessert. Dass Bildung gut möglich und weiter finanziert wird. Es hat sich aber gezeigt, dass es schwierig wurde. Vor den Spielen wurde der Staat Rio de Janeiro zahlungsunfähig und die Bundesregierung musste einspringen, um wenigstens die olympische Infrastruktur voranzubringen. Das ging aber zu Lasten des Sozialetats und des Gesundheitswesens. Mit der konkreten Folge, dass in den Armenvierteln die Gesundheitsposten nicht besetzt waren, Menschen wurden nicht versorgt, viele soziale Einrichtungen müssen nun um ihre Finanzierung bangen.“

Die Folgen bleiben der Stadt und dem Land also erhalten, in der derzeitigen politischen Krise muss das Ungleichgewicht in den Finanzierungen ausgeglichen werden. Und das, obwohl es schon seit Jahren Proteste in der Stadt gibt, etwa was Kosten für den Nahverkehr oder das Schulsystem angeht. In einige der Armenviertel greift das Land zudem vermehrt mit Militär ein. All das bleibt.

Und was kommt danach?

Das stellt die Frage, was die besonderen Herausforderungen nach den olympischen Spielen sind. „Es sind leider die gleichen Herausforderungen wie vor den Spielen“, sagt Stephan Jentgens. „Die Wirtschaftskrise, die Angst vieler Menschen, wieder in die Armut abzurutschen. Die politische Krise. Und es ist auch deutlich geworden, dass die Kluft zwischen Armen und Reichen immer größer wird. Es gab Armenviertel, in denen die Spiele überhaupt keine Rolle gespielt haben.“

Dass sich das bei den paralympischen Spielen ändern wird, ist nicht anzunehmen. Die Probleme werden bleiben, wenn der Zirkus der Spiele endgültig weitergezogen sein wird, 2018 sind Winterspiele in Pyeongchang, 2020 dann wieder Sommerspiele, dann in Tokio.

 

(domradio 23.08.2016 ord)








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