2016-08-14 10:32:00

Frankreich: Musik von Migranten gegen Vorurteile


Die Augen und Ohren der Öffentlichkeit richten sich seit langem nicht mehr auf die Flüchtlinge in Calais, dem Grenzposten nach Großbritannien. Die französischen Behörden hofften noch Anfang des Jahres, dass sich der dortige „Dschungel“ der Flüchtlinge bis im Frühling beseitigen lasse. Diese Vorstellung entpuppte sich allerdings als Illusion. Die Zahl der illegalen Einwanderer an der Peripherie der Hafenstadt, die nach Großbritannien gelangen wollen, hat in den letzten Wochen wieder sprungartig zugenommen.

Auf der Suche nach Musiktalenten

Menschenrechtsorganisationen und Hilfswerke versuchen, für die Flüchtlinge da zu sein, ihnen beizustehen und zu fördern. Ein wichtiges Mittel dazu ist die Kultur. So haben einige Helfer vor Kurzem angefangen, die „Musiktalente“ unter den Flüchtlingen zu einen und haben sie zu einem besonderen Musikprojekt bewegt. „The Calais Session“ heißt das erste Musikalbum dieses Projektes.

Ein Flüchtling sagt: „Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie die Welt außerhalb von diesem Flüchtlingslager uns wahrnimmt. Ich kann euch nur das erzählen, was ich hier in diesem Dschungel erlebe. Heute habe ich eine Französin aus Calais getroffen und ich war sehr neugierig zu erfahren, was sie von uns denkt. Ehrlich gesagt, habe ich gemerkt, dass sie Angst vor uns hatte und das hat mich sehr enttäuscht. Sie sprach davon, dass es gute und schlechte Menschen auf der Welt gibt. Und irgendwie hatte ich den Eindruck, als ob wir hier zu den Bösen gehören, also zu Killern usw., also ich weiß nicht. Ich hoffe nun, dass diese Frau ein anderes Bild von uns bekommen hat und dies auch weitersagt. Wir sind hier, weil wir von Kriegsgebieten geflüchtet sind. Ich hoffe sehr, dass dies andere Mitmenschen verstehen.“

„Es ist dort die Hölle, es stinkt hier!“

Vanessa Lucas-Smith ist die Projektleiterin von „The Calais Session“. Sie sagt: „Es ist dort die Hölle, wenn man an die Umstände denkt, wie die Flüchtlinge dort leben. Es stinkt, es ist übervoll und es ist laut. Und wir haben aus diesem Lärm sozusagen versucht Kunst zu machen.“ An dem Projekt beteiligen sich auch professionelle britische Musiker.

Vorurteile abbauen, Lebensgeschichten erzählen

Ziel dieser Initiative ist es also, durch Musik Vorurteile abzubauen und auf die Lebensgeschichte der Flüchtlinge hinzuweisen. Zum Beispiel Ismael aus Afghanistan: In seinem Gesang hört man all sein Leiden und seine Ängste heraus. Zuhause in seinem Heimatland hatten die Taliban wenig übrig für seine musikalischen Vorlieben. Das ging sogar so weit, dass die Taliban ihn folterten, nachdem sie Ismael beim Musizieren erwischten. Daraufhin entschied er sich zusammen mit seiner Frau und den drei kleinen Kindern sein Land zu verlassen. Nun ist der junge Musiker im Camp in Calais angekommen, hofft aber, so bald wie möglich über den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen.

(rv/calais session-online 14.08.2016 mg)








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