2016-08-05 13:52:00

Rückblick Assisi: „Irgendwas war anders“


Er kam als Pilger unter Pilgern. Papst Franziskus hat seinen Besuch in der Portiuncula-Kapelle unaufgeregt und kurz halten wollen, es sollte fast schon privaten Charakter haben. Portiuncula, das ist die Wiege des Franziskaner-Ordens, hierher kam der Heilige Franziskus, um zu beten, mit seinen Mitbrüdern zu sprechen und in ihrem Kreis zu sterben. Und hier hatte er die Eingebung, einen Ablass einzuführen, um alle, besonders die Armen, „ins Paradies“ zu schicken und ihnen die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes zu ermöglichen.

Als Papst Franziskus langsam über das Blumenmeer vor der Basilika schreitet, die heute die kleine Portiuncula-Kapelle umfasst, kommt noch einmal in aller Deutlichkeit die Botschaft seines Pontifikats zum Ausdruck: Als Mann des Friedens und der Armut ist der Heilige Franziskus Vorbild für den Papst, und was die beiden am meisten verbindet, ist die Botschaft der Barmherzigkeit. Nicht umsonst kam der Papst, der das Heilige Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hat, als die Franziskaner 800 Jahre Ablass von Assisi feierten. Und so blieb es nicht nur bei einem kurzen Gebet und einer Meditation für die Gläubigen, sondern Franziskus nahm über eine Stunde lang 19 Gläubigen die Beichte ab, darunter Freiwillige, Pfadfinder, eine alte Frau im Rollstuhl und ein Franziskanermönch. Eine großartige Geste, findet der Provinzial der Minderen Brüder von Umbrien, Claudio Durighetto:

„Da schien wohl der Heilige Geist aufzuflackern, er hat diesen Besuch in etwas Außergewöhnliches verwandelt. Der Papst sprach von Barmherzigkeit, von Vergebung und dann wollte er gleich damit anfangen, beginnend beim Papst selbst, bei den Bischöfen, Priestern, die beichten und die Beichte abnehmen. Es war eine ganz plötzliche Bewegung, aber wirklich wie Balsam, eine außergewöhnliche Sache, vortrefflich.“

Vergebung ist der Hauptweg ins Paradies – das betonte der Papst in seiner Meditation, die auch auf den Vorplatz der Basilika übertragen wurde, wo hunderte Gläubige in gleißender Sonne ausharren. Die Portiuncula sei ein solcher Ort der Vergebung und der Heilige Franziskus selbst habe sich zum Kanal der Vergebung gemacht. Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzig Mal sollte man vergeben, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen, betonte Franziskus. Bruder Durighetto:

„Der Ablass, wie ihn der Heilige Franziskus ersonnen hat, ist kein Freibrief, keine billige Sache oder Magie, die uns wer weiß was abnimmt. Der Ablass ist vielmehr ein Weg der Umkehr zum Herrn, ein Weg vom alten Menschen zum neuen Menschen hin. Das geschieht auf dem Weg zur Portiuncula, auf dem inneren Weg des Gebets und auch auf diesem Weg der Umkehr, indem man sich zunächst mit Demut der Wahrheit vor Gott stellt, vor sich selbst, indem man jeden um Vergebung für die Sünden bittet und sich als Sünder wiederfindet, der Barmherzigkeit benötigt. Das gibt uns mehr Demut in den Beziehungen und erlaubt es, neue Beziehungen zu schaffen.“

Costanza, die den Worten des Papstes auf dem Vorplatz der Basilika lauschte, räumte ein, dass seine Forderung nach Vergebung gar nicht immer so leicht ist:

„Es ist nicht leicht, zu vergeben, wenn dir einer etwas ganz Schreckliches angetan hat. Das ist sehr sehr schwer. Aber man muss Papst Franziskus folgen. Er führt uns immer zum Guten. Es hat schon einen Grund, dass wir hier in der gleißenden Sonne stehen.“

Die 16-jährige Paola nahm am 36. Pilgermarsch von Salento teil und hörte ebenfalls die Meditation des Papstes. „An den Worten des Papstes hat mir die Einfachheit gefallen, der Papst spricht direkt ins Herz, ohne Umschweife. Vergebung bedeutet für mich vor allem Vergebung für mich selbst. Es hat keinen Zweck, wenn wir anderen vergeben, uns selber aber nicht. Schließlich hat Christus uns schon längst vergeben.“

Der 55-jährige Franco lebt in Assisi und wohnt gleich neben der Basilika, die Papst Franziskus besuchte. In den Jahren hat er schon viele Päpste hierherkommen sehen, auch den Heiligen Johannes Paul II., dieses Mal aber sei es anders: „Es ist sehr bewegend, es ist eine spontanere Begegnung, näher bei den Menschen. Ich hoffe, dass auch die Jugendlichen das verstehen, was uns unsere Alten von der Kirche vermittelt haben. Heute beim Besuch von Franziskus fühle ich, dass etwas anders ist. Ich kann nicht genau sagen was, aber irgendwas ist anders.“

 

(rv 05.08.2016 cz)








All the contents on this site are copyrighted ©.