2016-07-27 17:00:00

Papstrede in Polen: Aufruf zur Aufnahme von Flüchtingen


Papst Franziskus hat an diesem Mittwochabend seine erste Ansprache auf polnischem Boden gehalten. Menschenmengen trotzten dem Regen und säumten die Straßen, um Papst Franziskus in Krakau willkommen zu heißen; der Papst selbst war nur durch einen Überbau auf seinem offenen Jeep vor dem Regen geschützt. Vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft sprach der Papst dann einige der Themen an, die ihm am meisten am Herzen liegen, von der Erinnerung und Vergebung über Migration und Lebensschutz.

Er freue sich, dass ihn sein erster Besuch in den östlichen Teil Mitteleuropas nach Polen führe, der Traum eines neuen europäischen Humanismus müsse mit „beiden Lungenflügeln“ atmen, zitierte er seinen Vorgänger Papst Johannes Paul II., der dieses anatomische Bild für Europa entwickelt hatte. Europas Kultur habe im Christentum seine kräftigste Wurzel, das sei etwas, was man nicht vergessen dürfe.

Wobei der Papst bei seinem ersten Thema der Ansprache war, bei der Erinnerung. „Das Gedenken kennzeichnet das polnische Volk“, so der Papst. „Immer hat mich das lebendige Geschichtsverständnis von Papst Johannes Paul II. beeindruckt. Wenn er von den Völkern sprach, ging er von ihrer Geschichte aus, um ihren Reichtum an Menschlichkeit und Spiritualität hervortreten zu lassen. Ein Identitätsbewusstsein ohne jede Überheblichkeit ist unerlässlich, um eine nationale Gemeinschaft auf dem Fundament ihres menschlichen, sozialen, politischen, wirtschaftlichen und religiösen Erbes aufzubauen.“ Treue zur Tradition und Offenheit für Erneuerung seien nur auf diesen Fundamenten möglich.

Identität und Zusammenarbeit

Auch Zusammenarbeit reife nur unter Achtung der eigenen Identität und der Identität anderer, fuhr der Papst fort. „Es kann keinen Dialog geben, wenn nicht jeder von der eigenen Identität ausgeht.“ Eine Warnung sprach er vor der „schlechten Erinnerung“ aus, die sich auf das Schlechte fixiere, „vor allem auf das, welches die anderen begangen haben“. Polen habe es geschafft, ein „gutes Gedenken“ vorherrschen zu lassen, er verwies auf die gegenseitig angebotene Vergebung durch die Bischöfe Polens und Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg.

Kraft und Gelassenheit brauche es, die Herausforderungen der Zeit anzugehen. „Diese erfordern den Mut zur Wahrheit und ein ständiges ethisches Engagement“, damit stets die Würde der Person respektiert würde. „Alles Tun ist davon betroffen: auch die Wirtschaft, das Verhältnis zur Umwelt und die Art des Umgangs mit dem komplexen Phänomen der Migration“. Womit der Papst ein weiteres Thema aufgriff.

Migration und Flüchtlinge

„Dieses letztere verlangt eine zusätzliche Portion an Weisheit und Barmherzigkeit, um die Ängste zu überwinden und das Optimum zu verwirklichen“, mahnte der Papst die Anwesenden. Zunächst müsse man die Ursachen für die Auswanderung aus Polen in den Blick nehmen, dann aber kam er auch auf Flüchtlinge zu sprechen: Es ist „die Bereitschaft zur Aufnahme derer notwendig, die vor Kriegen und Hunger fliehen; die Solidarität gegenüber denen, die ihrer Grundrechte beraubt sind, darunter des Rechtes, in Freiheit und Sicherheit den eigenen Glauben zu bekennen.“

Es brauche Formen der internationalen Zusammenarbeit, um Lösungen zur Überwindung der Kriege zu finden, welche die Menschen zwängen, ihre Heimat zu verlassen. „Es geht also darum, das Mögliche zu tun, um ihre Leiden zu lindern, ohne müde zu werden, klug und beharrlich für Gerechtigkeit und Frieden zu arbeiten und dabei im Handeln die menschlichen und christlichen Werte zu bezeugen.“

Schutz des Lebens

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Papstansprache war die Achtung des menschlichen Lebens, „Das Leben muss immer angenommen und geschützt werden – beides gemeinsam: angenommen und geschützt – von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, und alle sind wir aufgerufen, es zu achten und für es Sorge zu tragen“. Dazu gehöre aber immer auch die Begleitung in menschlichen Notlagen, „damit ein Kind niemals als eine Last, sondern als ein Geschenk empfunden wird“, so Papst Franziskus.

Polen könne sich auf die Hilfe der katholischen Kirche verlassen, schloss der Papst seine Ansprache. So könne das Land „im Licht der christlichen Grundsätze, die es orientieren und die die Geschichte und die Identität Polens geprägt haben, unter den veränderten geschichtlichen Bedingungen auf ihrem Weg voranzuschreiten, in Treue zu ihren besten Traditionen und erfüllt von Hoffnung und Zuversicht, selbst in schwierigen Momenten.“

 

(rv 27.07.2016 ord) 








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