2016-07-27 11:10:00

Ägypten: Christen hoffen auf Gesetz zum Kirchenbau


Der Staat in Ägypten ist gefordert, zügig das bereits geplante Gesetz zum Bau von Gotteshäusern zu beschließen, um den zunehmenden Gewalttaten gegen Christen den Nährboden zu entziehen. Das  sagt im Gespräch mit Radio Vatikan Bischof Kyrillos William Samaan, der Bischof von Assiut. Allzu oft würden Gewalttaten gegen Christen damit gerechtfertigt, dass sie angeblich neue Kirchen bauten.

Bischof Kyrillos bestätigt im Gespräch mit uns, dass es tatsächlich einen spürbaren Anstieg von Gewalttaten gegen Christen gibt: „Ja, in letzter Zeit haben wir bemerkt, dass es einen Anstieg von Terrorakten gegen Christen gibt, insbesondere in Minya, unserer Nachbardiözese.“ Doch warum gerade Minya? Scheinbar gebe es dort besonders viele fundamentalistische islamische Prediger, die beim freitäglichen Moscheebesuch Stimmung gegen Christen machten, vermutet der Bischof. Denn: „Die Übergriffe finden immer freitags statt. Das heißt, der Imam, der gepredigt hat, heizt die Leute in seinen Predigten an, gegen die Christen zu agieren, die Kirchen bauen, anstatt die Liebe, Versöhnung und das Zusammenleben zu predigen.“ Oft gebe es keine, oder nur vorgeschobene Gründe für die Übergriffe, sagt uns Bischof Kyrillos, so langten neben der immer wieder vorgebrachten Begründung, die Christen dürften keine Kirchen bauen, auch Gerüchte darüber, dass beispielsweise ein Christ eine Beziehung zu einer Muslima unterhalte, um teils brutale Reaktionen auszulösen.

Vorgeschobene Gründe

Für Zündstoff innerhalb der islamischen Institutionen selbst sorgt in diesen Tagen auch der jüngste Erlass des Ministers für religiöse Stiftungen, nach dem Imame in Zukunft vereinheitlichte Predigten zu halten haben, „damit sie nicht den Faden verlieren“: „Auf der einen Seite will der Minister, dass die Texte zentral vorgegeben werden, um damit extremistische Predigten zu verhindern.“ Die Texte sollten von Mitarbeitern des Ministeriums, Parlamentsabgeordneten des Religionsausschusses sowie Soziologen und Psychologen verfasst werden. Den Plänen nach sollten auch Gelehrte der islamischen Hochschule al-Azhar Predigten verfassen. Doch die höchste Autorität des sunnitischen Islam in Gestalt ihres Großimams Ahmed al-Tayyeb sei strikt gegen diese Art der zentralen Predigtvorgabe. „Jetzt müssen wir sehen, was bei dieser Diskussion herauskommt“, sagt Bischof Kyrillos.

Die zeremoniellen Versöhnungsfeiern, die im ägyptischen Gesellschaftskonsens nach Übergriffen friedensstiftend wirken sollen, würden jedenfalls nichts bringen, im Gegenteil, erklärt uns Kyrillos: „Die Bevölkerung hat bemerkt, dass nach diesen Versöhnungsfeiern die Gewaltakte wiederholt werden, und sich nichts geändert hat, denn die Täter sind nicht verhaftet worden. Solange die Täter aber nicht verhaftet werden, begehen sie diese Taten immer wieder. Deswegen hat der Bischof von Minya sich nun geweigert, diese letzten Episoden mit Versöhnungsfeiern auszuräumen, sondern er sagt, erst müssen die Täter vor Gericht gestellt werden, und dann können wir über Versöhnungsfeiern reden.“

Erst Gerechtigkeit, dann Versöhnung

Ein weiterer wichtiger Schritt: Das Parlament müsse nun das bereits seit längerem geplante Gesetz zur Regelung für den Bau von Gotteshäusern zügig verabschieden – denn die aktuelle Gesetzeslage lasse zu vielen Interpretationsmöglichkeiten Spielraum und gieße so Wasser auf die Mühlen von radikalen islamischen Predigern. „Deswegen sagen viele, dass das Gesetz für Kirchenbau die Lösung sein wird. Das Gesetz liegt dieser Tage in unserem Parlament und muss diskutiert werden. Vertreter von drei christlichen Kirchen, der orthodoxen, der evangelischen und der katholischen, haben an das Parlament geschrieben und ihre Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge zu dem Gesetz eingereicht. Scheinbar ist der politische Wille, das Gesetz zu verabschieden, nicht besonders stark. Wenn es aber erst einmal verabschiedet ist, dann wird es viele Probleme lösen, denn dann wissen die Menschen, dass auch die Christen das Recht haben, eine Kirche zu bauen, ohne Schwierigkeiten zu bekommen.“  

 

(rv 27.07.2016 cs)








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