Buchtipp: Not und Bedrängnis. Als Jesuit in Auschwitz und Dachau.

Eine Rezension von Pia Dyckmans

Es gibt viele Bücher von Überlebenden des Holocaust, viele sind ähnlich, doch ‚Not und Bedrängnis. Als Jesuit in Auschwitz und Dachau. Lagertagebuch von dem Jesuiten Adam Kozlowiecki SJ´ sticht aus der langen Liste der Bücher heraus. Kurz nachdem er frei gekommen war und der Zweite Weltkrieg beendet, bat ihn sein Generaloberer, seine Erfahrungen aufzuschreiben. Aus dem Gedächtnis heraus berichtet er vom Ausbruch des Krieges bis zu seinem Ende, Daten sind teilweise fiktiv, wie er selber zugibt.

Minutiös beschreibt Kozlowiecki seine Erlebnisse von Beginn des Krieges an. Es überrascht, wie er sich von Tag zu Tag hangelt, detailliert Geschehnisse beschreibt und selbst die Namen der meisten seiner Mithäftlinge oder der Soldaten nennt. Genauso überraschend ist die nüchterne und wenig „fromme“ Art, in der Adam Kozlowiecki Flucht, Gefängnis und Konzentrationslager beschreibt. Auch seine eigene Abneigung gegen seine Folterer verheimlicht er nicht. Als sich ein Soldat den Kiefer bricht, nachdem ihn der Rückstoß seines Gewehrs nach dem Schuss auf einen Flüchtenden nach hinten wirft, macht Kozlowiecki kein Hehl daraus, dass er für den jungen Soldaten kein Mitleid empfindet. „In dieser Hölle des Konzentrationslagers, in diesem Zustand der Erschöpfung wird man unempfindlich für fremdes Leiden, und manchmal ist man einfach zu schwach und fühlt sich selbst viel zu elend, als dass man noch herzlich und geduldig reagieren könnte,“ schreibt Kozlowiecki, als er von einem kranken Mithäftling berichtet, der ihn nachts immer wieder weckte.

Kozlowiecki, der nach dem Krieg als Missionar nach Afrika ging, schreibt konkret und – vielleicht auch dank des zeitlichen Abstands zu den Geschehnissen - ohne seinen Gefühlen allzu sehr freien Lauf zu lassen, sodass man einen derart detaillierten Eindruck von seinem Kriegsalltag bekommt, wie ihn nur wenige anderen Lagertagebücher gewähren.

Not und Bedrängnis. Als Jesuit in Auschwitz und Dachau. Lagertagebuch. Adam Kozlowiecki SJ. Verlag Friedrich Pustet. 29,95 Euro.

(rv 23.07.2016 cs)