2016-07-14 13:36:00

Österreich: Katholiken und Evangelische würdigen Luther


Nach Jahrhunderten der Zerstrittenheit über seine Person können die katholische und evangelische Kirche Martin Luther heute „gemeinsam als Zeugen des Evangeliums, Lehrer im Glauben und Rufer zur geistlichen Erneuerung“ würdigen. Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer in seinem Grußwort bei der Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster betont. Die Sommerakademie steht heuer unter dem Motto „Es muss sich etwas ändern. Anstöße der Reformation.“ Im Vorfeld des Jubiläumsjahres 2017 wollen die Veranstalter die Reformation nicht als punktuelles, vor 500 Jahren stattgefundenes Ereignis verstehen, sondern „als Entwicklungsprozess und als Anstoß für Gegenwart und Zukunft“, wie es in einer Aussendung heißt.

Bischof Scheuer unterstrich in seinen Ausführungen einige reformatorische Grundanliegen - etwa die Betonung der Heiligen Schrift, von Christus, Glaube und Gnade - als Orientierung für die Beurteilung von Reformen. Der Bischof sprach beispielsweise von einem „Zeitalter der Religion ohne Gott“, vor allem ohne Jesus Christus. In der gegenwärtigen Gesellschaft und Kirche gebe es seit einigen Jahren so etwas wie eine schleichende „Entchristologisierung“ des allgemeinen Glaubensbewusstseins. Gott gelte vielleicht noch als universal bergende, schützende und segnende Macht, als die Natur, die den Kosmos beseelt. Manche würden im Göttlichen eine heilende Kraft- und Energiequelle sehen oder Religion werde auf Ethik und Glaube auf einen moralischen Imperativ reduziert. Die Fokusierung auf Christus sei demgegenüber für die Reformation zentral. Scheuer: „Diese Christozentrik ist ein heilsamer Kontrapunkt gegenüber der Jesusvergessenheit in vielen Varianten.“

Ein weiterer reformatorischer Schwerpunkt - die Betonung der Heiligen Schrift - sei ebenfalls ein „gemeinsamer Bezugspunkt“, so Scheuer. „Sie ist Norm und Kriterium aller Spiritualität und allen kirchlichen Lebens, sie schenkt einen gemeinsamen Sprachraum mit gemeinsamen Bildern, Vorstellungen, Anliegen und Gewohnheiten.“ Die Kirche solle ein Ort sein, „an dem das Evangelium verkündet wird, an den das Evangelium aber auch ein Gesicht erhält“. Der Bezug zum Evangelium sei die Wurzel jeder echten Reform der Kirche, betonte der Bischof.

Kritisch ging der Linzer Bischof in seinen Ausführungen mit gegenwärtigen Vorstellungen von Reform ins Gericht. Reform bedeute heute: „Wie kann durch eine Strukturreform möglichst viel Geld und Personal eingespart werden bei möglichst steigender Produktion und Output?“ Noch vor 40 bis 50 Jahren hätte man unter Reform hingegen verstanden: „Du kannst etwas Neues in die Welt setzen, ein Projekt initiieren und bekommst dafür viel Geld und Personal“, so der Bischof unter Verweis auf den vor wenigen Tagen aus dem Amt geschiedenen Bundespräsidenten Heinz Fischer.

Die Ökumenische Sommerakademie ist eine Veranstaltung der Katholischen Privatuniversität Linz, des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, des Evangelischen Bildungswerks Oberösterreich, der Kirchenzeitung der Diözese Linz, des Stiftes Kremsmünster sowie der Religionsabteilungen des ORF und des Landes Oberösterreich.

(kap 14.07.2016 sk)








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