2016-07-10 12:22:00

Angelus: „Die anderen nicht katalogisieren“


Bringt mein Glaube gute Werke hervor, oder ist er unfruchtbar und tot? Diese Frage sollten sich Christen immer wieder mal stellen, findet Papst Franziskus. Beim Mittagsgebet am Petersplatz sprach er an diesem Sonntag über das Tagesevangelium, das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk 10), einen aus seiner Sicht „einfachen und stimulierenden“ Text.

„Er zeigt uns einen Lebensstil an, dessen Mittelpunkt nicht wir selbst sind, sondern die anderen mit ihren Problemen, die wir auf unserem Weg treffen und für die wir Mitleid fühlen. Allerdings – wenn wir kein Mitleid mit anderen fühlen, dann stimmt etwas nicht mit unserem Herzen. Dann ist etwas in diesem Herzen nicht christlich.“

Jesus erzähle das Gleichnis im Gespräch mit einem Schriftgelehrten, der ihm die Frage gestellt habe: „Wer ist mein Nächster?“ „Auch wir können uns diese Frage stellen: Wer ist mein Nächster? Wen soll ich lieben wie mich selbst? Meine Eltern? Meine Freunde? Meine Landsleute? Die, die dieselbe Religion haben wie ich?” Jesus drehe mit seinem Gleichnis die übliche Perspektive um: “Ich darf die anderen nicht katalogisieren, indem ich entscheide, wer mein Nächster ist und wer nicht. Es hängt vielmehr von mir ab, ob ich der Nächste bin – oder nicht – für den Menschen, dem ich begegne und der Hilfe braucht. Auch wenn er ein Ausländer ist oder feindlich gesinnt.“

Dieser unerwünschte Migrant - das war ich!

„Dann geh und handle genauso!“, habe Jesus dem Schriftgelehrten zum Schluss mit auf den Weg gegeben. Dieser Aufruf des Herrn gelte auch uns, so der Papst. „Die Haltung des Barmherzigen Samariters ist nötig, um eine Probe von unserem Glauben zu geben… Durch gute Werke, in Liebe und Freude am Nächsten getan, wächst unser Glaube und bringt Frucht. Fragen wir uns also: Ist unser Glaube fruchtbar? Bringt er gute Werke hervor? Oder ist er eher steril, also mehr tot als lebendig?“

Solche Fragen sollte man sich täglich stellen, empfahl Papst Franziskus. „Mache ich mich anderen zum Nächsten, oder gehe ich einfach vorbei? Gehöre ich zu denen, die die Menschen nach eigenem Gutdünken in Kategorien einteilen? ... Am Ende werden wir nach den Werken der Barmherzigkeit gerichtet werden. Der Herr wird uns sagen: Aber erinnerst du dich? Damals auf der Strasse von Jerusalem nach Jericho, dieser halbtote Mann – das war ich! Erinnerst du dich? Dieses hungrige Kind – das war ich! Diese Migranten, die so viele verjagen wollen – das war ich! Diese alten Menschen, in Altersheime abgeschoben – erinnerst du dich? Das war ich! Dieser Kranke im Krankenhaus, den niemand besucht – das war ich!”

(rv 10.07.2016 sk)








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