2016-06-24 09:21:00

Armenien: Vertreibungen sind Kern der Identität


Dass es ein Besuch im „ersten christlichen Land” ist, das steht schon im Motto der an diesem Freitag beginnenden Papstreise. Armenien ist stolz auf seinen Glauben und seine Geschichte. Dass beides aber in der Vergangenheit oft im Konflikt lag zeigen die vielen Vertreibungen.

Wenn der Papst in Armenien auf Christen treffen wird, dann zunächst natürlich auf die armenisch apostolische Kirche, die als erste unabhängige Kirche der Welt gilt, sie stellt die Mehrheit der Gläubigen im Land. Aber es gibt auch noch die mit Rom unierte armenisch-katholische Kirche, am Samstag wird Papst Franziskus in Gjumri mit ihnen die Messe feiern.

Diese Kirche ist vor allem eine Diasporakirche, berichtet Adrienne Suvada gegenüber Radio Vatikan. Sie hat sich länger wissenschaftlich mit dieser Kirche befasst und betont, dass die Probleme des Zusammenhalts der Kirche bereits mit der Sprache begännen, es gäbe zwei Sprachen und außerdem noch das liturgische Altarmenisch.

Die Diaspora sei Ergebnis der Vertreibungen der Armenier, und das nicht nur der einen großen Vertreibung, um die es nach Papstäußerungen und Parlamentsbeschlüssen unter anderem in Frankreich und Deutschland so viel Wirbel gibt.

Die Vertreibungen spielen eine große Rolle für die Identität, sagt Suvada, „dort sind alle Armenier eins, seien sie katholisch oder orthodox, das ist der wichtigste Punkt der Identität“. Die Unterdrückung sei aber nicht nur historisch, auch heute noch sehe man sich verfolgt, etwa im Nahen Osten. Aber auch in Armenien selber, einer ehemaligen Sowjetrepublik, gebe es immer noch Probleme mit Pressefreiheit und Gewissensfreiheit.

Etwa eine Million armenisch-katholische Christen gebe es auf der Welt, sagt Suvada, aber trotz des Drucks auf die Gemeinschaft wachse sie. „Es gibt Regionen wie Syrien, wo sie massiv weniger geworden sind, dafür wächst sie aber in Russland. Es ist erstaunlich, dass sie in der Säkularisierung, die es ja überall gibt, immer noch stark genug sind.“ Die Armenier seien ein Spezialfall, die Sprache, ihr Glaube und ihre Identität hielten sie zusammen, auch wenn sie verstreut lebten „und der Glaube ist dabei der Kitt, der alles zusammen hält“.

Gerade mit Blick auf die Geschichte gebe es natürlich die Versuchung, die eigenen Überzeugungen nicht mehr zu hinterfragen, gerade auch was die Verfolgungen angeht. Dass sie ermutigt werde, darüber zu forschen, wie die Gemeinschaft mit dieser Vergangenheit umgehe, sei aber ein gutes Zeichen.

Ein wichtiges Ergebnis hat die Papstreise schon jetzt, sagt Adrienne Suvada: Die Welt bekommt mit, dass es nicht nur die orthodoxe Kirche, die armenisch-apostolische Kirche, gebe. Dass der Papst dorthin fahre, vielleicht auch abseits von den Medien von den Schicksalen und dem Leben der Menschen dort erfahre und andererseits die Kirche würdige, könne man nicht überbewerten. 

 

(rv 24.06.2016 ord)








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