2016-06-22 14:37:00

Ökumene-Experte: Viel wird von Rezeption des Konzils abhängen


Ob das Konzil auf Kreta wirklich ein panorthodoxes ist, also ein allgemeines Konzil der orthodoxen Kirche, das wird sich erst hinterher so richtig erweisen. Prüfstein wird sein, ob auch die ferngebliebenen Kirchenführer (Antiochia, Georgien, Bulgarien, Russland) die Ergebnisse von Kreta rezipieren. Das sagte der Direktor des Johann-Adam-Moehler-Instituts für Ökumenik, Johannes Oeldemann, im Gespräch mit dem Hilfswerk Renovabis.

„Es wird sehr davon abhängen, was denn dort jetzt genau besprochen wird, welche Beschlüsse gefasst werden. Insgesamt fürchte ich allerdings, dass es so sein wird, dass  — eben im Nachhinein —  jede einzelne autokephale orthodoxe Kirche für sich entscheidet, ob sie die Beschlüsse von Kreta akzeptabel findet oder nicht. Das verkehrt den ursprünglichen Gedanken eines gesamtorthodoxen Konzils, was eigentlich die oberste und höchste Instanz der orthodoxen Kirche sein sollte.“

Einen Vergleich des Konzils von Kreta mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil findet Oeldemann „wie jeden Vergleich zum Teil zutreffend, zum anderen aber auch nicht ganz passend“. „Zum einen ist ja sicherlich zutreffend, weil es darum geht, dass die Kirche sich mit diesem Konzil positionieren will zu Fragestellungen, die in der Moderne neu aufgetaucht sind. Und dieses Dokument zur Mission der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt kann man vielleicht vergleichen mit dem Dokument „Gaudium et spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils. Allerdings muss man sagen, dass im Unterschied zum Zweiten Vatikanum der ganze Vorbereitungsprozess  — obwohl er solange schon gedauert hat —  nicht so viel Substanz hatte wie beim Zweiten Vatikanischen Konzil, wo man auf viele theologische Vorüberlegungen zurückgreifen konnte, die dann über die Konsultoren des Konzils auch in die Dokumente eingeflossen sind.“

Die sechs großen Textentwürfe für das panorthodoxe Konzil seien viel weniger umfangreich als die Dokumente des Zweiten Vatikanums, darum gingen sie auch „nicht so in die Tiefe, wie es vielleicht notwendig wäre“, urteilt Oeldemann.  

Bis vor einem halben Jahr hätten sich katholische und evangelische Christen „mehr für dieses Konzil interessiert als die orthodoxen Christen selbst“. Doch das habe sich seit der Veröffentlichung der Textentwürfe im Januar geändert: Jetzt sei „eine größere Debatte um diese Dokumente entbrannt“. „Allerdings wird da eben auch vielfach kritisiert, dass die eigentlich strittigen Fragen in der Orthodoxie in diesen Dokumenten gar nicht behandelt werden, sondern nur die Fragen, wo es leichter schien, sich zu einigen — so dass man jetzt abwarten muss, ob das was dann von Konzil beschlossen wird  — wenn denn überhaupt Beschlüsse in dieser kleineren Zusammensetzung zustande kommen —  (und ob das dann) entsprechend in breiteren Schichten der orthodoxen Kirche auch rezipiert wird.“

Oeldemann hofft, dass das Konzil von Kreta „nicht die letzte Runde in dieser Zusammensetzung war, sondern dass man sich bemüht, auch die jetzt nicht mit am Tisch vertretenen Kirchen mit ins Boot zu holen und in einigen Jahren dann ein wirklich panorthodoxes Konzil zu veranstalten“. Wann genau das sein werde, stehe jetzt aber noch in den Sternen. „Das wird von den ersten Reaktionen nach dem Konzil abhängen. Ich erhoffe mir, das es in drei bis fünf Jahren der Fall sein wird.“

(renovabis 22.06.2016 sk)








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