2016-05-20 08:00:00

Kenia: Weltgrößtes Flüchtlingslager vor der Schließung


Dadaab in Kenia ist das größte Flüchtlingslager der Welt: Zwischen 300.000 und 400.000 Flüchtlinge leben in der unwirtlichen Zeltstadt, etwa so viele Menschen, wie in Bielefeld oder Bochum leben. Jetzt hat die Regierung eine Schließung des Lagers angekündigt – und droht damit eine humanitäre Krise gewaltigen Ausmaßes heraufzubeschwören.

Schon mehrfach hatten Nairobis Politiker mit der Schließung gedroht, doch  internationale Hilfe hatte sie jedes Mal davon abgehalten. Das könnte sich diesmal aber ändern – und mitschuldig daran wäre ausgerechnet das schlechte Beispiel Europas, sagt François Dumont von „Ärzte ohne Grenzen“, der die einzige medizinische Anlaufstelle für die Flüchtlinge im Lager unterhält.

„Es gibt da einen Widerspruch bei den Staaten der internationalen Gemeinschaft: Sie sagen Kenia und anderen Staaten, dass sie Personen aufnehmen sollen, die vor Kriegen fliehen; aber gleichzeitig zeigt Europa, dass es das auf seinem eigenen Territorium nicht umsetzt! Natürlich können wir nicht die Ankündigung Kenias, das Lager zu schließen, mit der Situation in Europa in direkten Zusammenhang setzen; aber sicherlich sendet Europa da ein Signal an den Rest der Welt, das sehr besorgniserregend ist. Denn es bedeutet, dass man sich auch dafür entscheiden kann, die Menschen, die ein Recht auf Schutz haben, nicht aufzunehmen und nicht mit Menschlichkeit zu behandeln.“

„Steiniges, hartes Gelände“ – das bedeutet „Dadaab“ im Deutschen. Die sanitäre und medizinische Versorgung des Lagers ist seit jeher prekär. Doch für die Menschen, die aus den verschiedensten Gründen aus ihrer Heimat fliehen mussten und hier gestrandet sind, ist es der einzige erreichbare, einigermaßen sichere Hafen. Die Regierung sieht die vielen Somalier im Lager mit Misstrauen, fürchtet islamistische Infiltrierung. Doch Dumont meint:

„Wir wissen zwar, dass es hier Sicherheitsprobleme gibt, und wir verstehen auch die Notwendigkeit, dass die keniansiche Regierung die eigene Bevölkerung schützt. Doch gleichzeitig gibt es auch die internationalen humanitären Pflichten, diejenigen zu schützen, die vor Krieg fliehen müssen! Auch Kenia hat die Genfer Konvention unterzeichnet!“  

Es seien ja gar nicht nur die Sicherheitsbedenken, vermutet der „Ärzte ohne Grenzen“-Mann: Auch der Mangel an Geldern für das Camp sowie die Kampagne zur kommenden Präsidentschaftswahl 2017 seien wohl weitere Motive für die angekündigte Schließung. Allerdings habe die Regierung gar nicht erst versucht, Alternativen für das Flüchtlingslager zu finden. Diese könnten in einer Umsiedelung – auch in andere Länder – oder der Schaffung kleinerer und sicherer Camps bestehen. Auch die Integration der Flüchtlinge in die kenianische Gesellschaft müsste eigentlich verstärkt gefördert werden.

„Nur wenige Wochen nach der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei, die in einem gewissen Sinn auch den Menschen Asyl verweigert, welche vor Kriegen nach Europa fliehen, kommt nun diese besorgniserregende Ankündigung von der Schließung des Camps. Wir möchten der kenianischen Regierung sagen, dass sie ein Beispiel für den Rest der Welt sein könnte; sie könnte zeigen, dass man vor Kriegen flüchtende Menschen auch human behandeln kann.“ 

(rv 19.05.2016 cs)








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