2016-05-14 13:42:00

UNICEF: Frage des Überlebens ist eine Frage der Gerechtigkeit


Deutschland und viele andere EU- und OECD-Länder sind sozial ungerecht. Das geht aus einer aktuellen Fairness-Studie von UNICEF hervor. Konkret zeigt die internationale Studie Ungleichheit beim Kindeswohl in reichen Ländern auf und kommt zu dem Schluss: Kein Land ermöglicht allen Kindern gleiche Startbedingungen. In Industrieländern sollte die Schere zwischen Arm und Reich noch nicht allzu groß sein und den Menschen sollte es doch ganz gut gehen – könnte man denken. Pia Dyckmans hat den Pressesprecher von UNICEF Deutschland, Rudi Tarneden, gefragt.

Rudi Tarneden: „Die Frage des Überlebens und auch die Frage, ob es einem Kind gut geht und es gut aufwächst, ist in den Industrieländern sozusagen keine Frage von Leben oder Tod, aber es ist eine Frage der Fairness und der gerechten Lebensbedingungen. Dass ist das, was UNICEF mit der Studie „Fairness für Kinder“ tun will: darauf aufmerksam machen, dass es auch in den reichen Industrieländern, in denen es genügend Mittel und Wissen gibt, um Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, viele Kinder gibt, die dauerhaft abgehängt werden.“

Radio Vatikan: Was genau kam bei der Studie heraus, was sind die Kernpunkte?

Tarneden: „Ganz zentral muss man erst einmal festhalten: Armut ist nicht nur materieller Art, sondern das Wohlbefinden von Kindern macht sich an Dingen fest, die mehr sind als Geld. Da geht es unter anderem darum, ob Kinder in der Schule mitkommen, ob sie gefördert werden, ob sie ermutigt werden und an sich glauben lernen. Das macht sich daran fest, ob Kinder gesund sind und sich selbst gesund fühlen. Und wie sie selber ihre Situation betrachten, ob sie zum Beispiel zuversichtlich in ihre Zukunft schauen oder pessimistisch. Bei dieser Studie hat UNICEF geschaut, wie geht es den zehn Prozent der Kinder, die am unteren Ende der Gesellschaft leben, die es ohnehin schon schwer haben und inwieweit diese vom Durchschnitt entfernt sind. Dabei stellt man fest, dass in den meisten Industrieländern die Kluft zwischen den Kindern am unteren Ende und den Kindern in der Mitte sowohl beim Geld, als auch bei der Gesundheit, beim Schulerfolg und auch bei der Lebenszufriedenheit weiter gewachsen ist.“

RV: Also ist in reichen Ländern das Vermögen weiterhin in wenigen Händen und das Sozialsystem kann das nicht auffangen?

Tarneden: „Wir müssen sehen, dass die Chancen, die ein Mensch in der Lebenslotterie hat, also wo er hineingebaut wurde, doch sehr unterschiedlich sind. Wir sollten aber eigentlich davon ausgehen, dass jedes Kind die Möglichkeit haben sollte, seine Fähigkeiten zu entwickeln. In einigen Ländern, zum Beispiel in Dänemark oder einigen anderen skandinavischen Ländern, die schaffen das relativ gut, die Kluft zwischen Kindern klein zu halten oder zu verringern, während in anderen das eben nicht so gut gelingt. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Politik und die Art und Weise wie man eine Gesellschaft solidarisch organisiert, Einfluss darauf hat, ob zum Beispiel Kinder sich gut entwickeln und in der Schule Erfolg haben können.“

(rv 15.05.2016 pdy)








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