2016-05-05 12:40:00

Österreich: Familien aus Wien helfen Familien aus Syrien


Das Zwischenergebnis der Bundespräsidentenwahl in Österreich lässt zwar auf ein großflächiges Wegbrechen von Solidarität mit Migranten schließen – doch es gibt auch eine gegenläufige Entwicklung. Denn das private und zivilgesellschaftliche Engagement für Menschen in Not in Österreich wächst. Neben der katholischen Caritas, die in Österreich mittlerweile jeden zweiten Asylbewerber betreut, sind zahlreiche auch christlich inspirierte Vereine entstanden, in denen sich Menschen, die helfen wollen, zusammenschließen und Flüchtlinge unterstützen.

Einer dieser Vereine ist „Amal“ in Wien, der vergangenen Herbst an den Start ging. „Amal ist arabisch und heißt Hoffnung“, erklärt eine der Gründerinnen, Susanne Kummer. Begleitet werden hier christliche Migrantenfamilien überwiegend aus Syrien und dem Irak, die Österreich bereits als Asylanten anerkannt hat. „Es scheint uns sehr wichtig, dass in dieser Phase die Familien, die definitiv in Österreich bleiben werden, Unterstützung bekommen, und zwar in einer Form auf Augenhöhe. Ich sage gerne, Menschen wollen ja nicht ihr ganzes Leben lang von jemandem betreut werden.“

Deshalb ist die grundlegende Idee von Amal die persönliche Begegnung. Da laden christliche Familien aus Österreich christliche Familien aus Syrien sonntags zum Mittagessen ein, oder es wird ein gemeinsamer Ausflug in den Wald organisiert, eine Freizeitbetätigung, die im Nahen Osten mangels Wald unbekannt ist. Unter der Woche betreuen die ehrenamtlichen Helfer Kinder bei den Hausaufgaben. Erwachsene erteilen Erwachsenen Sprachunterricht bei sich zu Hause oder begleiten sie bei Behördenwegen.

„Seit wir bestehen, haben wir 170 Erwachsene und 40 Kinder und Jugendliche in Betreuung“, erklärt Susanne Kummer. „Amal wurde initiiert von christlichen Familien, die sich speziell um Migrantenfamilien kümmern und für sie da sein wollen. Familie ist für jeden Menschen das wichtigste soziale Gefüge, gerade in Krisenzeiten. Und andere Familien kennenzulernen, mit denen man seine Sorgen und Freuden teilen kann, ist extrem wichtig.“

Die Erfahrungen sowohl der Betreuenden als auch der Betreuten sind außerordentlich erfreulich, berichtet Kummer. Es sei schön zu sehen, wie zunächst vorhandene Berührungsängste auf beiden Seiten verschwinden. „Familien sagen, wir laden einfach einmal eine syrische Familie zu uns nach Hause ein. Und damit ist das Eis gebrochen. Amal ist ein Eisbrecher, um die Kulturen zueinander zu bringen und als gegenseitige Bereicherung zu empfinden.“

Auf politischer Ebene hat sich Österreich in der Frage der Flüchtlinge einen Kurswechsel verschrieben. Die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewann der Kandidat der fremdenfeindlichen Rechtspartei FPÖ, die zweite Runde steht am 22. Mai an. Die Alpenrepublik hat 2015 so viele Migranten aufgenommen wie sonst kein anderes EU-Land mit Ausnahme von Schweden: etwas mehr als ein Prozent der Bevölkerung in einem Jahr. Derzeit setzt die Regierung auf Abschottung. Ganz anders präsentiert sich die Lage im Kleinen, erzählt Susanne Kummer.

„Ich erlebe in meinem persönlichen und beruflichen Umfeld: es gibt kaum jemanden, der sich nicht für die Flüchtlinge einsetzt. Ich sehe einen großen Schub an zivilgesellschaftlichem Engagement in Österreich, und das ist ein unglaublich positiver Effekt in unserem Land. Selbstverständlich erkennt man, je näher man sich der Frage der Integration der Flüchtlinge nähert, Punkte, wo es zu Konflikten kommen kann. Das ist eine große Aufgabe für die Politik, die sie nicht ohne die Bürger wird bewältigen können. Ich bin zuversichtlich, dass in Österreich die Kultur des Teilens fortgesetzt werden wird.“

(rv 05.05.2016 gs)








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