2016-05-04 11:10:00

Generalaudienz: Wenn es im Schafstall abgestanden riecht


Wenn Christen „in sich selbst verschlossen“ sind, dann „riechen sie abgestanden“: Eine typische Franziskus-Formulierung. Bei seiner Generalaudienz an diesem Mittwoch hat der Papst die Gläubigen einmal mehr zum Rausgehen ermuntert. Sie sollten es halten wie der Hirte im Gleichnis Jesu, der dem verlorenen Schaf nachgeht, bis er es wieder zur Herde zurückgebracht hat. „Für Gott ist niemand definitiv verloren – niemals! Gott sucht uns, bis zum letzten Moment.“

Der Papst machte darauf aufmerksam, dass im Gleichnis vom verlorenen Schaf der Hirte der einzige Handelnde ist. „Der Hirte ist also die einzige Hauptperson, und alles hängt von ihm ab.“ Man könne durchaus daran zweifeln, ob der Hirte das Richtige tue: „Ist es denn weise, um eines einzigen Schafes willen die 99 anderen Schafe im Stich zu lassen? Und zwar nicht in einer sicheren Umzäunung, sondern dazu noch in der Wüste? ... Der Hirte kehrt, wenn man dem Wortlaut des Gleichnisses folgt, außerdem gar nicht in die Wüste zurück, als er das verlorene Schaf findet. Statt zur Herde zurückzukehren, geht er nach Hause und feiert! Er scheint nur an dieses eine Schaf zu denken und die anderen 99 zu vergessen.“

Aber so sei es in Wirklichkeit gar nicht, fuhr Franziskus fort. Die eigentliche Lehre des Gleichnisses bestehe doch offensichtlich darin, „dass kein einziges Schaf verloren gehen kann“. „Der Herr kann sich nicht damit abfinden, dass auch nur ein einziger Mensch verlorengeht. Gott geht seinen verlorenen Kindern hinterher und freut sich dann, wenn er sie gefunden hat. Das ist ein ununterdrückbarer Wunsch... Für uns alle ist das eine klare Lektion: Die Barmherzigkeit den Sündern gegenüber, das ist der Stil von Gottes Handeln, und dieser Barmherzigkeit bleibt er absolut treu. Nichts und niemand kann ihn von seinem Heilswillen abhalten!“

Die Herde des Herrn sei „immer unterwegs“, sagte der Papst dann. Sie könne sich nicht „vorgaukeln, den Herrn immer nur für sich zu haben, ihn einzusperren in unsere Schemata und unsere Strategien“. Man werde den Hirten „dort finden, wo das verlorene Schaf ist“. „Man muss den Herrn also dort suchen, wo er uns begegnen will, und nicht da, wo wir ihn zu finden glauben! Auf keine Weise wird man die Herde wieder vollständig machen können, wenn man nicht dem Pfad der Barmherzigkeit des Hirten folgt. Während er das verlorene Schaf sucht, provoziert er die 99 anderen Schafe: Sie sollen mitmachen bei der Wiedervereinigung der Herde!“

Franziskus empfahl, „oft über dieses Gleichnis nachzudenken“. Schließlich gebe es „in der christlichen Gemeinschaft doch immer jemanden, der fehlt und der woanders hingegangen ist“. „Manchmal ist das entmutigend und führt dazu, dass wir denken: Das ist ein unvermeidlicher Verlust, das ist nicht wieder gutzumachen. Aber gerade dann riskieren wir, uns selbst im Schafstall einzusperren, wo es dann nicht mehr nach Schaf riecht, sondern abgestanden...“

Es brauche einen „missionarischen Schwung“, insistierte der Papst: Für Jesus gebe es keine endgültig verlorenen Schafe, „sondern nur solche, die gesucht werden müssen“.

(rv 04.05.2016 sk)








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