2016-04-28 13:56:00

Finanzaufsicht: „Der Vatikan finanzierte keinen Terrorismus“


Auch wenn es für viele ohnehin abwegig erschien, nun ist es offiziell: Der Vatikan ist in den vergangenen Jahren nicht als Finanzplatz für die Finanzierung von Terrorismusorganisationen missbraucht worden. Das bestätigte gegenüber Radio Vatikan der Präsident der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF, der Schweizer René Brülhart. Er stellte an diesem Donnerstag im Vatikan die Jahresbilanz vor. Unser Kollege Mario Galgano hat im Anschluss mit Brülhart über diese Bilanz gesprochen.

Zu den konkreten Zahlen: Die AIF hat im vergangenen Jahr 544 Verdachtsfälle festgestellt, was fast dreimal mehr als 2014 sind. Brülhart betont, dass es sich bei den Verdachtsfällen um jegliche potentiell nicht legale Transaktionen handelt. Deshalb lässt sich auch erklären, weshalb „nur“ 17 Fälle von der vatikanischen Staatsanwaltschaft behandelt wurden. „Wir haben die Latte sehr tief gesetzt und das erklärt die größere Zahl von Verdachtsfällen im Vergleich zu den von der Justiz ermittelten Fällen“, so Brülhart.

Bei den von der vatikanischen Justiz verfolgten Delikten geht es um Verdacht auf Betrug und Steuerhinterziehung. Ein Meilenstein sei 2015 die internationalen Zusammenarbeit des Heiligen Stuhls im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung gewesen. Damit helfe der Vatikan aktiv mit, internationale Delikte vorzubeugen.

Der Schweizer Experte für Finanzkriminalität verwies auf die positive Beurteilung im zweiten Bericht des europäischen Anti-Geldwäsche-Komitees Moneyval, der im Dezember veröffentlicht wurde. Insgesamt wurden seit Beginn der AIF-Überprüfungen 2011 rund 900 Verdachtsfälle registriert. In 34 Fällen bat die Behörde die vatikanische Staatsanwaltschaft um Aufnahme von Ermittlungen. Die Zunahme der Verdachtsfälle bedeute keinen Anstieg krimineller Aktivitäten, sondern zeige, „dass die Whistleblowing-Mechanismen stärker geworden sind“, heißt es in dem Bericht.

Auch die Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsbehörden wurde verstärkt. 2015 trat die AIF in 380 Fällen mit ausländischen Partnerorganisationen in Kontakt, gut dreimal öfter als im Vorjahr. Mit sechs weiteren Staaten schloss der Heilige Stuhl Abkommen über einen Informationsaustausch, darunter Kuba, Luxemburg und Paraguay; aktuell hat der Vatikan solche Vereinbarungen mit 27 Staaten.

Deutlich rückläufig war in den vergangenen Jahren die Zahl hoher Transaktionen über 10.000 Euro. Während 2012 dem Bericht zufolge fast 1.800 Überweisungen aus dem Vatikan gemeldet wurden, waren es vergangenes Jahr knapp 1.200. Ähnlich sank die Zahl von Geldtransfers in den Vatikan von knapp 600 vor vier Jahren auf zuletzt rund 370.

Im Zuge von Überprüfungen setzte die AIF im vergangenen Jahr Transaktionen mit einem Gesamtumfang von 8,3 Millionen Euro und 1,7 Millionen US-Dollar vorübergehend aus; 7,1 Millionen Euro und 655.000 US-Dollar an Einlagen wurden eingefroren.

Im Vorgehen gegen Terrorfinanzierung verstärkte der Vatikan nach AIF-Angaben seine Aktivitäten und die internationale Zusammenarbeit. So kooperiere man enger mit Behörden von „Staaten, die dem Risiko von Terroranschlägen stärker ausgesetzt sind“, heißt es in dem Bericht. Brülhart sagte dazu, alle bekannten Verdachtsfälle bezögen sich auf Geldwäsche. Aus der Vergangenheit wisse man aber, dass es von dort aus auch „indirekte Verbindungen“ zu Terrorfinanzierung gebe.

Was die Überprüfung dubioser Konten der Vatikanbank IOR angeht, sagte AIF-Direktor Tommaso Di Ruzza, er gehe davon aus, dass mit der Schließung von 4.800 Konten mit unzureichenden Kundenangaben im vergangenen Jahr die Bereinigung abgeschlossen sei. Die endgültige Zahl der Kontenschließungen werde vielleicht 4.950 erreichen, so Di Ruzza.

(rv/kna 28.04.2016 mg)








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