2016-04-13 13:31:00

Italien/Österreich: Kirche warnt vor Mauerbau am Brenner


Europa braucht angesichts der aktuellen Flüchtlingsproblematik gemeinsame Lösungen, aber keine neuen Grenzen: Das hat der Südtiroler Bischof Ivo Muser in einer am Mittwoch von der (italienischen) Diözese Bozen-Brixen verbreiteten Erklärung betont. „Grenzzäune, nationalstaatliche Interessen, die Unterscheidung zwischen uns und den anderen, zwischen Einheimischen und Fremden, schüren Ängste und bauen Barrieren in unseren Köpfen und Herzen auf“, warnt Muser.

Ausdrücklich spricht er die österreichischen Bauarbeiten für neue Grenzkontrollen am Brenner an. Er sorge sich dabei nicht in erster Linie um Nachteile für Wirtschaft und Tourismus, sondern um die geflüchteten Menschen, so der Bischof: „Ihr Schrei nach Hilfe - ihre Flucht ist nichts anderes! - verlangt unser offenes Ohr, unser offenes Herz.“

Die Flüchtlingsströme seien „keine Welle für einige Monate, sondern eine Massenbewegung für Jahre“, hält Muser fest. Er pocht auf einen gesamteuropäischen Ansatz als Reaktion auf diese Entwicklung. „Entweder wir bewältigen diese Herausforderung gemeinsam oder wir scheitern daran“, kritisiert er ein „Einigeln“ einzelner EU-Staaten. Einfache Lösungen für die Flüchtlingsthematik gebe es nicht, für Europa insgesamt sei die Herausforderung in Sachen Flüchtlingshilfe aber „machbar“.

Für den Generaldirektor der Stiftung Migrantes der italienischen Bischofskonferenz, Giancarlo Perego, wäre die Brenner-Schließung eine „gravierende Wunde“ für die EU und die europäische Solidarität. „Das wäre eine weitere falsche Antwort auf das dramatische Problem der Flüchtlinge. Dieser Beschluss widerspricht der Botschaft, die der Papst mit seinem Besuch auf Lesbos am Samstag geben will“, so Perego.

Von Seiten der italienischen Politik hagelt es seit Dienstag massive Kritik an Österreich. So erklärte beispielsweise der italienische Premier Matteo Renzi: „Wir akzeptieren keine Stellungnahmen gegen die europäischen Spielregeln.“ Italien sei wegen eines Zuwachses der Migrantenströme über das Mittelmeer nicht besorgt. Es bestünden keine Anzeichen, dass es zu einem unkontrollierten Flüchtlingsstrom in Richtung Österreich komme, wie es die Regierung in Wien befürchte, sagte Renzi.

Die österreichischen katholischen Ordensgemeinschaften üben derweil heftige Kritik an den geplanten Asylrechts-Verschärfungen in Österreich. Auf keine Weise werde man damit den Hilfesuchenden gerecht; zudem gefährde es die Demokratie, wenn eine „Notstandsverordnung ohne Notstand“ in Kraft trete und dabei Grundrechte ausgehebelt würden. „Wir ersuchen die gesamte Bundesregierung, besonnen zu agieren und mit Anstand und Verstand zu handeln, anstatt einen Notstand zu inszenieren“, erklärten Frauenordens-Präsidentin Schwester Beatrix Mayrhofer und Männerorden-Vorsitzender Abtpräses Christian Haidinger am Mittwoch.

„Nicht bei uns, sondern anderswo wie in Idomeni, anderen Flüchtlingslagern an der Grenze oder den Flüchtlingsunterkünften im asiatischen Raum“ gebe es einen realen Notstand, betonten Mayrhofer und Haidinger, die von einem „geplanten Ausnahmezustand“ in Österreich sprachen. „Wir fordern die Bundesregierung auf, sich internationalem Recht nicht zu verschließen“, so ihre Botschaft. Flüchtenden müsse man Räume eröffnen, die ihre Menschenwürde respektieren, und ihnen eine Zukunftsperspektive ermöglichen.

In Österreich sollen Asylanträge künftig nur noch in wenigen Ausnahmefällen - wie etwa bei Familienzusammenführung und bei nachweisbarer Gefährdung in anderen Staaten - angenommen werden. Mit Eilverfahren an den Grenzen soll entschieden werden, ob einem Menschen ein Asylverfahren gewährt oder verwehrt wird. Um sich nicht mehr an das Asylrecht halten zu müssen, beruft sich die Regierung auf einen „Notstand“, geht aus dem Gesetzesentwurf hervor, der noch im April im Innenausschuss des Parlaments beschlossen werden soll. Entsetzt hatten sich zuletzt auch Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz gezeigt: Weitreichende negative Folgen für Österreich und ganz Europa seien absehbar.

(kap 13.04.2016 sk)








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