2016-04-13 10:30:00

Hoffnung für Syrien - und für die Ökumene: Gespräch mit dem Erzbischof von Moskau


Der Papst wollte nicht so richtig mit der Sprache herausrücken, worüber er denn auf Kuba mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill gesprochen habe: Es seien gemeinsame Projekte in Planung, äußerte sich Franziskus nach der historischen Begegnung vom Februar sybillinisch. Jetzt sind wir etwas schlauer: Eine Delegation der russisch-orthodoxen Kirche und des katholischen Erzbistums der Gottesmutter von Moskau hat am 6. und 7. April den Libanon und Syrien besucht. Dabei stieß sie gemeinsame Initiativen an, koordinierte Hilfen und zeigte geschlossene Unterstützung für bedrängte Christen in Nahost.

Die Reise war schon vom Datum her von hoher Symbolik: Schließlich jährt sich an diesem 13. April zum 25. Mal die feierliche Wiederherstellung kirchlicher Strukturen für die römisch-katholische Kirche auf dem Territorium der Russischen Föderation. Eben dieser Schritt hatte vor einem Vierteljahrhundert für nachhaltige Verstimmung bei der russisch-orthodoxen Kirche geführt.

Der katholische Moskauer Erzbischof Paolo Pezzi – ein Italiener – ist sehr zufrieden mit der ökumenischen Solidaritätsreise nach Nahost. „Wir hatten die Möglichkeit, einige Kirchen zu besuchen und, vor allem im Libanon, auch Projekte kennenzulernen; wir waren in einem Camp syrischer Flüchtlinge, haben mit einigen Familien gesprochen und eine Mensa für die Armen angeschaut. Dann gab es aber auch ein Treffen mit allen Vertretern christlichen Lebens in Damaskus. Sie erzählten uns, wie die Christen ihren Glauben leben, was für ein Drama es bedeutet, flüchten zu müssen, und ihre Hoffnung auf eine Rückkehr.“

Allgemein sei die gemischte Delegation aus Russland in Syrien auf „große Offenheit und Gastfreundschaft“ gestoßen. Bei den Christen im Land sei die Hoffnung, „bleiben zu können“, sehr stark. „Natürlich haben wir auch einige sehr leidgeprüfte Christen erlebt, aber sie hatten noch die Hoffnung behalten. Und was mich auch sehr beeindruckt hat, war das völlige Fehlen von Groll denen gegenüber, die den Christen Böses angetan haben.“

Die Einheit der Christen wird nicht auf einmal vom Himmel fallen, sondern man baut sie durch gemeinsames Unterwegssein auf – diese Überzeugung hat Papst Franziskus immer wieder geäußert, auch bei seiner Begegnung mit Patriarch Kyrill. Genau diese Erfahrung habe auch die bilaterale Delegation auf ihrer Reise gemacht, sagt Erzbischof Pezzi im Radio-Vatikan-Interview. „Ganz genau! Einheit nicht als etwas Statisches oder Lehrmäßiges, am grünen Tisch, sondern etwas, das sich in Bewegung setzt, ein Zeugnis gemeinsamen Arbeitens für die, die am meisten leiden.“

Zum 25. Geburtstag der vier wiedererrichteten katholischen Bistümer auf dem Gebiet der Russischen Föderation sagt der Moskauer Erzbischof: „Wir sind dem heiligen Papst Johannes Paul II. sehr dankbar, dass er uns mit dieser Wiederherstellung kirchlicher Strukturen wirklich die Möglichkeit gegeben hat, seelsorgliche Arbeit für die Katholiken zu leisten. Wir wissen ja, und auch die Christen in Syrien haben es mir auf bewegende Weise gesagt: Da, wo ein Bischof ist, ist Kirche, da kann man in Beziehung zu Petrus leben, da kann man die Sakramente empfangen und den Glauben bezeugen. Ich bin aber auch den ausländischen Priestern sehr dankbar – denn natürlich hatte die katholische Kirche in den neunziger Jahren in Russland keinerlei einheimischen Klerus. Sie haben buchstäblich ihr Leben gegeben, um die Menschen und die katholischen Gemeinden Russlands im Glauben wachsen zu lassen.“

Der Weg durch das letzte Vierteljahrhundert war für die kleine katholische Minderheit in Russland oft schwierig. Sie hatte siebzig Jahre der Verfolgung hinter sich und musste mit einigem Misstrauen der Behörden und auch einiger russisch-orthodoxer Würdenträger leben. Erzbischof Pezzi erzählt: „Ich erinnere mich an eine alte Frau in Sibirien; das war vor vielen Jahren, zu Beginn meines priesterlichen Dienstes in Sibirien, denn ich habe in den neunziger Jahren auch diese Wiedergeburt miterlebt. Die sagte zu mir: Wissen Sie, Herr Pfarrer, als ich deportiert wurde, war ich erst zehn Jahre alt, das war in den Dreißigern. Und meine Mutter sagte mir: Unsere Kirche ist jetzt zerstört, die wirst du nicht mehr wiedersehen. Aber ich verspreche dir eines: Eines Tages wirst du wieder einem Priester begegnen, und du wirst erleben, dass man sich an einen Wiederaufbau dieser zerstörten Kirchen macht... Sie war sehr bewegt, als sie mir das sagte. Und sie setzte hinzu: Nach 45 Jahren erlebe ich jetzt, dass das, was meine Mutter mir damals sagte, Wirklichkeit wird. Und ich habe in all diesen Jahren nie die Hoffnung verloren!“

(rv 13.04.2016 sk)








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