2016-04-11 14:20:00

Franziskus: Barmherzigkeit – sogar mit Judas


Eine Haltung, die Papst Franziskus bereits zum wiederholten Mal kritisiert: die der „Doktoren des Buchstabens“, die ihre Gesetze über das Leben des Einzelnen in seinen Nöten stellen und Menschen verurteilen mit dem Wort Gottes - gegen das Wort Gottes. Mit dieser Methode sei es in der Kirchengeschichte auch zu Auswüchsen wie der Hexenverfolgung gekommen, sagte der Papst.

Bei seiner Morgenmesse an diesem Montag, der ersten nach Erscheinen des neuen Papstdokuments über Ehe und Familie Amoris laetitia, kam Franziskus auf das Thema vermeintlicher Gesetzestreue zurück. „Das Herz, das sich der Wahrheit Gottes verschließt, klammert sich nur an die Wahrheit des Gesetzes, mehr noch, an die Buchstaben des Gesetzes“, sagte der Papst mit Blick auf die Verleumdung des Diakons Stephanus, die in der Apostelgeschichte erzählt wird und die erste Tageslesung bildet.

„Es tut mir weh, wenn ich diese Stelle im Matthäus-Evangelium lese, wenn der reuige Judas zu den Priestern geht und sagt: ,Ich habe gesündigt´, und er ihnen die Silberstücke zurückgehen will. ,Was geht das uns an?´, so antworten sie ihm. Ein verschlossenes Herz gegenüber diesem armen, reuigen Mann, der nicht wusste, was er tun sollte. Und er geht weg und erhängt sich. Und was tun sie, wenn sie sehen, dass Judas geht und sich erhängt? Sagen sie: Armer Mann? Nein! Sofort geht es um das Geld: Man darf das Geld nicht in den Tempelschatz tun; denn es klebt Blut daran. Die Vorschrift, diese, diese und diese. Die Doktoren des Buchstabens!“

Den Priestern war das Leben dieses Menschen egal, noch sorgten sie sich über seine Reue.

„Einzig ihre Gesetzes-Schemata und viele Wörter und Konstrukte sind ihnen wichtig. Das ist die Härte ihrer Herzen. Und das ist die Härte ihres Herzens, die Begriffsstutzigkeit des Herzens dieser Menschen, die Stephanus´ Wahrheit nichts entgegensetzen können, und deshalb falsche Zeugnisse und Zeugen suchen, um ihn zu verurteilen.“

Das sei ein Vorgang, der sich in der Geschichte der Kirche wiederhole, sagte Franziskus:

„Die Geschichte erzählt von so vielen Menschen, die ermordet, verurteilt wurden, obwohl sie schuldlos waren: verurteilt mit dem Wort Gottes, gegen das Wort Gottes. Denken wir an die Hexenverfolgung oder an Johanna von Orleans, an viele andere, die verbrannt, verurteilt wurden, weil sie sich, ihren Richtern zufolge, nicht dem Wort Gottes fügten. Das ist das Modell von Jesus, der, weil er treu ist und dem Wort des Vaters folgt, am Kreuz endet. Mit wie viel Zärtlichkeit sagt Jesus den Jüngern von Emmaus: Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Bitten wir den Herrn heute, dass er unsere kleinen und großen Begriffsstutzigkeiten ansieht, dass er uns berührt und beginnt, uns die Dinge zu erklären.“

(rv 11.04.2016 gs)








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