2016-04-09 12:25:00

D/Ö: Reaktionen auf Papstschreiben


Nach der Veröffentlichung des Papstschreibens „Amoris Leatitia“ über Ehe und Familie am Freitag sind die Reaktionen von Laien, Verbänden und Theologen gespalten. Es finde sich viel Positives im knapp 300 Seiten langen Text, man habe sich an manchen Stellen vom Papst aber mehr erhofft.

„Der Epochenwechsel ist eingeleitet“

Die kirchliche Basisbewegung „Wir sind Kirche“ sieht in der „postsynodalen Exhortation" eine Weichenstellung für die Zukunft der Kirche. Besonders im Bereich der Sexualethik, Pastoral und Familientheologie werde mit „Amoris Leatitia“ der Weg des zweiten Vatikanischen Konzils fortgeführt und ausgebaut. Grade bei der Sexualmoral sei solch ein Sinneswandel „dringend notwendig“. Dabei zeigen die Worte von Franziskus eine „erfreuliche Abkehr“ vom bisherigen rigorosen Gesetzesdenken der Kirche, hin zum Ideal der Barmherzigkeit. Als „enttäuschend“ bezeichnet der Verband jedoch, dass sich der Papst nur kurz und indirekt an homosexuelle Gläubige wendet.

„Wer hätte gedacht, dass ein päpstliches Lehrschreiben lustfördernd wirken kann?“

„Amoris Laetitia“ mache Lust, sich tiefer mit Beziehung, Ehe und Familie auseinanderzusetzen, schreibt die Katholische Jugend Österreich (KJÖ) in einer ersten Reaktion auf das Papstschreiben. Auch der Bund der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) findet positive Worte für den Text und stellt die „ermutigenden Ausführungen“ zu Liebe, Ehe und Familie in den Mittelpunkt. Allerdings kritisiert der BDKJ auch den Prozess, der über zweieinhalb Jahre zur Erstellung des Papiers geführt hat. Der BDKJ-Vorsitzende Wolfgang Ehrenlechner erinnerte daran, dass Papst Franziskus alle Gläubigen eingeladen habe, sich an der Vorbereitung der Synoden zu beteiligen. „Die Kritik aus vielen Teilen der Weltkirche an Aspekten der kirchlichen Ehelehre kommt im Schreiben aber nicht mehr vor.“

„Franziskus ändert nicht Lehre, aber die Perspektive“

Der St. Pöltner Moraltheologe Josef Spindelböck lobt Papst Franziskus dafür, dass er nicht mehr nur die starre Lehre in den Mittelpunkt stellt, sondern den Blick auf jeden einzelnen Gläubigen und sein persönliches Schicksal richtet. Besonders in Bezug auf den Kommunionempfang von wiederverheiratet Geschiedenen spiele das eine große Rolle: „Amoris Laetitia“ stelle fest, „dass objektiv schwere Sünden nicht immer subjektiv schwerwiegend sein müssen, da es Faktoren gibt, welche die Verantwortlichkeit für eine Sünde vermindern können“. Diese Position diene dem Anliegen des Papstes, die betreffenden Gläubigen verstärkt ins Leben der Kirche zu integrieren - auch unter dem Vorzeichen des „Jahres der Barmherzigkeit“.

„Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Verantwortung prägen auch nach evangelischer Auffassung Ehe und Familie“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sieht auch viele Anknüpfungspunkte für Protestanten. „Papst Franziskus unterstreicht erneut, dass barmherzige Liebe nicht abstrakten moralischen Normen geopfert werden darf“, erklärte Bedford-Strohm. Der Papst mache sich für eine Ethik des Mitgefühls stark und warne „selbstkritisch vor kalter Schreibtisch-Moral“. Diese Perspektive könne auch von evangelischen Christen bejaht werden.

(kna/kap/wsk 09.04.2016 rs)

 








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