2016-04-02 09:39:00

Kardinal Kasper: Vielen fehlen die „Antennen“ für Gott


Kardinal Walter Kasper schlägt Alarm: Gott sei für viele ein Fremder geworden. Der emeritierte deutsche Kurienkardinal sprach am Freitag beim Europäischen Apostolischen Kongress der Barmherzigkeit in Rom. In seiner Ansprache sagte er, es sei keine leichte Aufgabe, Gott den Menschen wieder näher zu bringen. Insbesondere sei dies in einer säkularisierten Welt wie die heutige noch schwieriger und deshalb eine große Herausforderung.

„Vielen unserer Zeitgenossen fehlen sozusagen die ,Antennen´ um seine Botschaft zu empfangen“, sagte er vor etwa 300 Teilnehmern des Europäischen Apostolischen Kongresses der Barmherzigkeit. Dass Gott für viele ein Fremder geworden sei, komme auch von daher, dass sogar Christen dazu beigetragen hätten, indem sie nur von einem „strafenden Gott, der Angst macht“ berichteten. Gott hingegen gehe den Menschen wie ein barmherziger Vater mit offenen Armen entgegen, anstatt ihnen Vorwürfe zu machen.

Kasper sieht die Barmherzigkeit Gottes als Heilmittel für die „Wunden der Welt“. Sie sei Gottes Antwort auf alles Böse, die Ungerechtigkeit und den „Horror der heutigen Kriminalität“, so der frühere Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen.

Erwartungen an das Päpstliche Schreiben

Am Freitag hat Kardinal Kasper zudem vor zu hohen Erwartungen an das offizielle Schlussdokument der Weltbischofssynode zur Familie gewarnt. „Der Papst ist kein Revolutionär, sondern ein Reformator. Ich erwarte mir keinen revolutionären Text“, zitiert der italienische katholische Pressedienst SIR den Kardinal. Der frühere Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen betonte zugleich, dass er „noch keine Zeile" der Exhortation mit dem Titel „Amoris laetitia“, die am nächsten Freitag im Vatikan vorgestellt wird, gelesen habe. Er sei sich sicher, dass der Papst der „Linie der Synode“ folge, so Kasper.

Im Blick auf wiederverheiratete Geschiedene sagte Kasper, „es wird zu keiner Änderung der Lehre kommen, aber die ,Disziplin´ könnte geändert werden“. So könnten etwa die betreffenden Paare zu einigen der „typischen Aufgaben des Laiendienstes in den Pfarrgemeinden zugelassen“ werden.

Schlüsselbegriff des Evangeliums

In seiner Rede beim Kongress machte sich Kardinal Kasper für eine „Spiritualität der offenen Augen“ stark, die auch „im Geringsten den Herrn“ sehe – beispielsweise in Armen, Kranken oder Flüchtlingen. Ausgehend vom Wort „Barmherzigkeit“ führte er aus, Gott habe ein Herz für die Erbärmlichen. Barmherzigkeit stehe auch für den Kampf gegen das Böse. So erkläre sich der Zorn Gottes in der Bibel, der dazu diene, Übel auszuradieren. „Gott bekämpft das Böse, aber er gewährt auch seine Gnade und vergibt denen, die reuig um Vergebung bitten.“

2012 hatte Kardinal Kasper ein Buch über Barmherzigkeit als Schlüsselbegriff des Evangeliums geschrieben. Papst Franziskus lobte das Werk bei einem Angelus-Gebet zum Beginn seines Pontifikats.

Hintergrund

Zum Europäischen Apostolischen Kongress der Barmherzigkeit, der am Donnerstag begonnen hat, werden noch bis Montag rund 500 Teilnehmer aus aller Welt erwartet. Seit 2008 fanden die Zusammenkünfte dreimal statt. Sie erinnern in besonderer Weise an die Amtszeit von Johannes Paul II. (1978-2005), der ähnlich wie Franziskus die Barmherzigkeit zu einem zentralen Thema seines Pontifikats erklärt hatte.

(kna/rv 02.04.2016 mg)








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