2016-03-04 13:46:00

Vatikan/Frankreich: Frère Alois, der Papst und die Flüchtlinge


Frère Alois, der Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, hat mit Papst Franziskus in Rom über die europäische Flüchtlingskrise, Ökumene und Weitergabe des Glaubens gesprochen. Am Donnerstag empfing der Papst den aus Deutschland stammenden Frère Alois in Privataudienz; es war bereits die dritte solche Begegnung mit Franziskus für den Taizé-Oberen. Die Frage der Flüchtlinge, die Europa derzeit politisch und gesellschaftlich an den Rand der Spaltung bringt, kam dabei zur Sprache, sagte Frère Alois gegenüber Radio Vatikan.

„Der Papst ist sehr besorgt zu sehen, wie Europa jetzt auseinanderdriftet. Er sagte, in früheren Zeiten, in der Geschichte, hat Europa viel Migration integriert, und das ging deshalb, weil ein starkes Fundament da war; und das ist wichtig, dass Europa dieses starken Wurzeln wieder neu findet. Das sagte er mir in der Audienz, ich bin dankbar, dass wir auch darüber sprechen konnten.“

Die Gemeinschaft von Taizé habe selbst Flüchtlinge aufgenommen, darunter jüngst zwei Gruppen aus Sudan und Afghanistan aus dem Lager in Calais in Nordfrankreich, das eben geräumt wurde. Außerdem lebten unter der Obhut der Mönchsgemeinschaft Familien aus Irak und Syrien, sagte Frère Alois.

Ausdrücklich bestärkt habe der Papst das Wirken der Gemeinschaft mit Jugendlichen, die Taizé jährlich zu Tausenden ansteuern – katholisch, reformiert oder orthodox.

„Der Papst sagte, wie wichtig es ist, dass wir heute sehen, dass der Glaube immer im Wachstum ist. Glaube ist nicht eine feste Größe in unserem Leben, sondern wir müssen helfen, dass dieses Vertrauen in Gott wachsen kann. Dafür ist es wichtig, die Jugendlichen zu begleiten, denn sie sind oft in schwierigen Situationen heute, wo Orientierung nicht leicht ist.“

In Taizé leben der Gründung der Gemeinschaft im Jahr 1940 durch Roger Schütz katholische und reformierte Brüder; unterstützt werden sie seit 50 Jahren durch katholische Ordensschwestern der Gemeinschaft von St. André, sagte Frère Alois. Die Einheit der Christen, das Anliegen der Ökumene, ist Taizé gewissermaßen in die Gene eingeschrieben.

„Ich sagte dem Papst, dass ich oft sein Wort zitiere über den Austausch der Gaben zwischen den verschiedenen Kirchen. Denn er nimmt diesen Ausdruck auf, den schon Johannes Paul II. gebraucht hat, dass es zwischen den Kirchen einen Austausch der Gaben gibt. Aber Papst Franziskus spitzt das noch zu. Er sagt, dass wir aufgefordert sind, die Gaben in uns aufzunehmen, die Gott in die anderen gesät hat, auch für uns. Das heißt wir müssen uns aufmachen, zu den anderen gehen, die Gaben der anderen entdecken, und diese als auch für uns bestimme Gaben annehmen. Und das ist ein ganz wunderbarer Weg für die Ökumene, auf dem wir noch viel weiter gehen können.“

In Taizé selbst geschehe eine Form der Ökumene, die Frère Alois so beschreibt:

„Wir haben den Eindruck, dass hier so etwas wie eine Osmose geschieht. Keine Nivellierung des Glaubens, nicht der kleinste gemeinsame Nenner, sondern im Gegenteil eine gegenseitige Bereicherung.“

Als „ganz großen Schritt“ würdigte Frère Alois die Begegnung von Papst Franziskus mit Patriarch Kyrill I. im Februar auf Kuba, das erste persönliche Treffen überhaupt zwischen einem katholischen und einem russisch-orthodoxen Oberhaupt. „Das war ein historischer Augenblick, der Türen öffnet, und wir werden sehen, was jetzt weitergehen kann.“ Sowohl der gemeinsame Text als auch die Geste der Umarmung seien hochbedeutsam.  

„Ich glaube wir sollen den Text nicht minimalisieren, weil der Text alle wichtigen Fragen anspricht. Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn wir nur die Geste sehen. Aber die Geste ist Ausdruck eines Inhalts, nicht nur eine vage Zukunftshoffung. Die Spannungen, die es gibt, werden in dem Text angesprochen, und wir müssen diese Spannungen bewusst angehen.“

Gerade auf Kuba hat Taizé soeben einen kleinen Ableger bekommen. Gegenüber Radio Vatikan erzählte Frère Alois von den ersten Schritten der beiden Mitbrüder, die erst vor wenigen Wochen auf der Karibikinsel ankamen.

„Der Bischof von Matanzas hatte uns eingeladen, er sagte uns, kommt und lebt hier. Ich verstand seine Bitte, denn fast alle Jugendlichen wollen weggehen aus Kuba, sehen keine Zukunft in ihrem Land. Das ist sehr traurig. Natürlich können wir diesen Strom nicht aufhalten, aber wir können uns dieser traurigen Situation aussetzen und versuchen Jugendliche zu begleiten und einfach da zu sein. Wir wissen noch nicht genau, was wir tun werden. Sie werden in einer kleineren Stadt sein, in Colon in der Diözese von Matanzas, und werden jetzt langsam entdecken, was ihr Platz dort ist.“

(rv 03.02.2016 gs) 








All the contents on this site are copyrighted ©.