2016-03-02 12:20:00

Die „Fußballgötter“ des Vatikan


Anpfiff zu einem Fußballspiel der besonderen Art: Es spielen die Vatikan-Polizei gegen die „Santos“, ein zusammengewürfeltes Team aus Angestellten des Vatikan-Supermarktes und der Tankstelle. Es geht um nichts Geringeres als den 43. Meistertitel des Vatikan-Fußballs. Weil nicht jeder der rund 3.000 Vatikan-Angestellten ein Fußballgott ist, spielen die Männer jeweils nur zu Acht und insgesamt nur 50 Minuten. „Mir geht es hier vor allem um die Bewegung, um mich außerhalb der Arbeit auszupowern"m sagt Orlando Cetta von den Santos. „Auch will ich die Kollegen einmal außerhalb der Arbeit treffen, mich austauschen und einmal eine Pizza essen, in der berühmten ‚dritten Halbzeit‘ nach dem Spiel. Das ist vielleicht der schönste Teil. Die Familie ist ja auch mal froh, wenn ich mich einmal pro Woche rausziehe. Natürlich sind wir alle dann auch froh, nach Hause zurückzukehren – es sei denn wir haben verloren!“

Insgesamt treten bei der Meisterschaft acht Mannschaften des Vatikan gegeneinander an. Mit dabei sind die Vatikanischen Museen, die als erste 1966 eine Mannschaft gegründet haben, die Vatikanische Post und auch die Schweizer Garde. Die besten Spieler vertreten den Vatikan dann in den gelb-weißen Farben auch auf Auswärtsspielen. Die Vatikan-Meisterschaft gibt es seit 1973, gegründet hat sie ein Angestellter der Vatikanischen Krankenkasse (FAS), Sergio Valci, langjähriger Präsident der Fußball-Vereinigung der Angestellten des Vatikan. Nun leitet der pensionierte Vatikan-Polizist Domenico Ruggiero die Meisterschaft.

„Wir spielen zum Spaß, weil wir Arbeitskollegen sind. Jenseits vom Büro auf dem Fußballfeld wird der Zusammenhalt gestärkt, was sich auch wieder positiv auf die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz auswirkt. Das Spiel im Team schweißt zusammen, es zwingt dich, zusammenzuarbeiten. Viele Kollegen arbeiten ja nicht im Vatikanstaat selbst, sondern in extraterritorialen Einrichtungen des Vatikan in der ganzen Stadt. Wir würden uns nie über den Weg laufen, wenn wir nicht zusammen spielen würden. So wird die Vatikanfamilie größer und stärker.“

Die Vatikan-Kicker sind weder bei der Uefa noch bei der FIFA dabei. Sie finanzieren sich selbst und durch Spenden und Zuschüsse des Vatikan-Governatorats sowie von Fußballfreunden. Die Auswärtsspiele gegen Mannschaften wie Monaco, Krankenhauspersonal oder Gefängnisinsassen gelten immer einem guten Zweck. Auch gegen die deutsche Luther-Stadt Wittenberg wurde bereits in Rom gespielt – ein Rückspiel soll 2017 zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation in Wittenberg stattfinden. An diesem Abend endet das Spiel unentschieden - es steht 3 zu 3. Kurz vor Ostern entscheidet sich, wer der 43. Meister des Vatikan wird. Papst Franziskus, selbst ein leidenschaftlicher Fußballfan seiner argentinischen Mannschaft San Lorenzo, ist bei der Meisterschaft zwar nicht dabei. Aber wenn es nach ihm ginge, sollte jede einzelne Kirchengemeinde eine Gelegenheit für Sport bieten – ansonsten sei sie unvollständig. Domenico Ruggiero kann das nur unterschreiben:

„In meiner Kindheit war Rom voll mit Sportplätzen, auch wenn sie nicht so die Qualität von heute hatten. Ich hatte das große Glück, auf dem Sportplatz von Sankt Peter zu spielen, wo heute die Audienzhalle steht. Der Platz war asphaltiert. Ich sag Ihnen nicht, wie wir uns nach dem Spiel fühlten, der heilige Lazarus hätte sich vor uns verneigt. Aber es war einfach großartig. Alle Gemeinden Roms hatten einen Platz für Kinder, wo sie sie Sport treiben konnten. Mit den Jahren sind viele dieser Plätze heruntergekommen, aus Mangel an Geld und Personal, schließlich brauchen die Kinder ja auch Anleitung. Es wäre schön, wenn wir irgendwann wieder in die Zeit zurückkehren könnten, als jede Kirchengemeinde einen Fußballplatz hatte. Ich sehne mich dahin zurück, mir hat das auch geholfen, nicht auf die schiefe Bahn zu geraten.“

 

(rv 01.03.2016 cz)








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