2016-02-27 08:00:00

Kardinal Ravasi würdigt Umberto Eco: Irrtümer der Religion sind tödlich


Am Dienstag wurde er zu Grabe getragen – einer der großen weltweit anerkannten Intellektuellen – Umberto Eco. Er war ein Allroundgenie, Philosoph, Schriftsteller, Semiotikprofessor und Volkserzieher. Kardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des päpstlichen Kulturrates, kannte ihn auch persönlich aus seiner Zeit als Präfekt der ambrosischen Bibliothek in Mailand: „Er konnte sich auf einem sehr weiten Horizont bewegen. Und obwohl er äußerst spezifische Fähigkeiten hatte, so ist er nie nur auf einem speziellen Gebiet explizit geworden.  Er war ein Mann der weiten Horizonte in diesem Sinn – wir haben das oft einander gesagt. Wenn es eine Gemeinsamkeit gegeben hat zwischen uns, so war es, dass wir beide sehr vielseitig, und von vielen Interessen geprägt waren.“  

Eco gilt und galt als einer der großen Denker unserer Zeit. Der Schöpfer der „Name der Rose“ verstarb mit 84 Jahren und hinterlässt eine Privatbibliothek mit ungefähr 50.000 Büchern. Der vielfach ausgezeichnete Literat aus Norditalien widmete sich von Anfang an der Vielschichtigkeit des Lebens. Sein Ursprung sei jedoch ein katholischer gewesen, betont Ravasi. Er war sogar als er in Alexandria war, für die Jugend der italienischen Laienbewegung „Katholische Aktion“ zuständig. Doch dann sei es zu einem großen Bruch gekommen, aber dennoch habe ihm die katholische Welt, die er hinter sich ließ, immer in seiner Kreativität beeinflusst, so Ravasi. Gerne erinnert sich Ravasi an die Zeit zurück als Eco in der ambrosianischen Bibliothek seine Zeit verbrachte. Die sei für ihn wie ein „Wunderland“ gewesen, in welchen er sich unterschiedliche „Wunder“ zu Herzen nahm:

„Auf der einen Seite war da die Liebe für die Bibel und für die Heiligen Texte: berühmt ist er vor allem für sein Bekenntnis für die Rückführung der Bibel in den Schulunterricht: „Warum müssen unsere jungen Leute alles wissen von den Helden von Homer, aber nichts von Moses? Warum die Göttliche Komödie und nicht das Hohelied oder der Bibel?" hat er gefragt. Der andere Bereich ist jedoch der der mittelalterlichen Kultur: Wir wissen vor allem von seiner Thesis über die Ästhetik von Thomas von Aquin und aus dieser Perspektive scheint es außergewöhnlich, dass es auch diese Leidenschaft für den katalanischen Philosophen Raimondo Lullo gab. Diese Persönlichkeit  des Dialogs mit dem Islam, die arabisch konnte, die interessiert war an der Welt, die von der Logik des Rittertums zum Dialog des Heiden mit drei weisen Männern… Dieser Charakter war zum Beispiel eine andere Komponente, die die Neugier von Eco weckte.“

 

Ein Agnostiker, aber mit Fragen nach Vernunft und Ethik

Eco war selbstzeichnend Agnostiker und sagte selbst über sich, dass er kein typischer Nichtgläubiger sei, weil er eben eine katholische Kindheit erlebte. Für Ravasi war Eco immer interessiert an Personen, die in der Kulturwelt tätig waren, einen Ausgleich zwischen Athen auf der einen Seite und Moses und Christus auf der anderen, zu finden. Die Frage nach Glaube und Vernunft, nach Ethik und der Moral seien immer präsent gewesen. Der Weltbestseller „Der Name der Rose“ sei auch eine Art Warnung vor religiösen Fanatismus und vor Dogmatismus gewesen. Auch Ravasi teilt diese Interpretation teilweise: „Es gibt keinen Zweifel daran – das kann ich sagen, denn er sagte mir es selbst so – dass diese Dimension der Religion, in welcher sie nicht mehr Forschung oder Zeugnis ist, sondern vielmehr zum Alptraum wird, sogar zum Albtraum des Todes führt, nur eine der vielen Stränge dieses polymorphen Romans ist. Er hat mich immer an ein Zitat des Philosophen David Hume erinnert: 'Irrtümer in der Philosophie sind lächerlich, Irrtümer in der Religion gefährlich'.“

 

(rv 24.02.2016 no)








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