2016-02-09 10:53:00

Österreich: „Leseordnung reformieren“


Der neue Salzburger Liturgiewissenschaftler Alexander Zerfaß hält die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfolgte Neugestaltung der  Tagzeitenliturgie für gescheitert. Zudem spricht er sich für eine Reform der Leseordnung bei der Messfeier aus. Sehr positiv sei demgegenüber das überarbeitete „Gotteslob“ zu bewerten: Es ist ein „sehr gutes Gebet- und Gesangbuch“ geworden, so Zerfaß in einem Interview.

Seine Kritik an der Tagzeitenliturgie – dem sogenannten Stundengebet – begründet der Theologe mit einer inkonsequenten Anwendung der vom Konzil geforderten „tätigen Teilnahme“ aller Getauften am Gottesdienst. Im Gegensatz zur erneuerten Messe sei dieses Prinzip bei der Feier von Laudes, Vesper etc. „nur inkonsequent rezipiert worden“. Tatsächlich habe es lediglich eine Brevier-Reform gegeben. Damit habe man jetzt ein Buch, das sich primär an den Klerus und sein Stundengebet und weniger an alle Gläubigen richte. „Dass die Tagzeitenliturgie in unseren Gemeinden noch nicht angekommen ist, kann daher kaum verwundern.“

Reformbedarf ortet Zerfaß auch bei der Auswahl der Lesungen für die Messe. Hauptproblem sei dort der „inkonsequente Umgang mit dem Kriterium der Konsonanz, also der Frage, inwieweit die Lesungstexte eines Gottesdienstes aufeinander abgestimmt sein sollen“. Dies betrifft in der Regel die Zweite Lesung. Wenn man einen Zusammenhang zwischen den Lesungen will, müsse dieser konsequent durchgeführt sein, so Zerfaß, der eine Weiterführung der Lektionar-Reform für „denkbar und sinnvoll“ erachtet, auch wenn sie praktisch „gewiss nicht in Sicht“ sei.

Als Positivbeispiel für ein liturgisches Reformprojekt führt Zerfaß das aktuelle „Gotteslob“ an, das eine „deutliche Verbesserung“ gegenüber dem bisherigen Gebet- und Gesangbuch für den ganzen deutschsprachigen Raum darstelle. Dies zeige sich in einem verbreiterten Lied-Repertoire, das zudem internationalisiert worden sei. Gelungen sei die Aufwertung der Tagzeitenliturgie, indem alternative Modelle gegenüber dem Stundenbuch angeboten werden, sowie der neu konzipierte Andachtsteil.

Zerfaß wechselte im letzten Jahr von der Universität Mainz nach Salzburg. Der Liturgiewissenschaftler beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Kirchenlied- und Gesangbuchforschung sowie der liturgischen Bibelrezeption und der Tagzeitenliturgie.

 

(kap 09.02.2016 sk)








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