2016-02-09 09:52:00

Papst bricht eine Lanze fürs Vergeben


Es wird immer mehr zum cantus firmus seines Pontifikats: Einmal mehr hat Franziskus zu Vergebung und Barmherzigkeit aufgerufen. Bei einer Messe mit Kapuzinern im Petersdom äußerte er an diesem Dienstag, wer vergesse, dass er Vergebung brauche, der vergesse allmählich auch Gott; er vergesse, um Vergebung zu bitten, und wisse auch selbst nicht mehr anderen zu vergeben. „Der Demütige, der sich selbst als Sünder fühlt, ist im Beichtstuhl ein großer Vergeber! Andere, die sich wie diese Gesetzeslehrer (zur Zeit Jesu) als die Reinen, die Meister vorkamen, verstehen nur zu verurteilen.“

Wie in seinem Interviewbuch zum Thema Barmherzigkeit, das im Januar erschienen ist, ging es dem Papst besonders um die Beichte: genauer gesagt, um die barmherzige Haltung, die ein Beichtvater einnehmen sollte. Der Papst predigte nicht weit entfernt von den sterblichen Überresten der heiligen Pater Pio und Pater Leopoldo Mandic. Ihre Glassärge stehen für ein paar Tage im Petersdom von Rom unter der Kuppel des Michelangelo. Beide waren Kapuziner, und beide waren große Beichtväter.

„Ich spreche zu euch als Bruder, und durch euch möchte ich zu allen Beichtvätern sprechen, speziell in diesem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit: Ein Beichtstuhl ist zum Vergeben da! Und falls du einmal nicht die Lossprechung erteilen kannst, dann bitte trotzdem nicht zuschlagen! Der Mensch, der da kommt, tut das, weil er Trost sucht, Vergebung, Frieden für seine Seele. Möge er einen Vater finden, der ihn umarmt und ihm sagt: Gott liebt dich!, und der es ihn auch wirklich spüren lässt. Und auch wenn ich es ungern sage, aber viele Leute sagen (das haben wohl die meisten von uns schon mal gehört): Also, ich gehe nie zur Beichte, denn einmal hat man mir da so Fragen gestellt, sie haben mir dies und das getan... Also bitte!“

Das ist – hier spreche ich mal in eigener Sache – wieder einer dieser kaum übersetzbaren Franziskus-Sätze, der mehr aus Gesten, Intonation und Angedeutetem besteht, als dass er die Dinge klar ausspräche. Diesen Sprechstil, der ihn selbst auszeichnet, wünscht sich der Papst auch für Beichtväter.

„Es gibt so viele Sprachen im Leben: die Sprache des Worts, aber auch die Sprache der Gesten. Wenn ein Mensch zu mir in den Beichtstuhl kommt, dann deshalb, weil etwas auf ihm lastet, das er von seinen Schultern nehmen will. Vielleicht weiß er nicht, wie er das formulieren soll, aber die Geste ist diese. Dieser Mensch kommt, weil er sich ändern will, ein anderer Mensch werden will – das sagt diese Geste seines Kommens in den Beichtstuhl. Da muss man ihm dann nicht mehr Fragen stellen: Aber du...? Wenn einer kommt, dann deswegen, weil er von ganzem Herzen etwas nicht mehr machen möchte. Oft aber gelingt ihnen das nicht, weil sie konditioniert sind von ihrer Psyche, ihrem Leben, ihrer Lage... Von keinem wird Unmögliches verlangt... Ein großes Herz... Das Vergeben... Vergebung ist ein Samenkorn, ein Streicheln Gottes. Habt Vertrauen in die Vergebung Gottes!“

Die Beichtväter sollten bitte nicht in eine Art Pelagianismus verfallen, schärfte Franziskus seinen Kapuziner-Zuhörern dann ein. „Du sollst das tun, und das tun, und das, und das... Seid große Vergeber, denn wer nicht zu vergeben weiß, der endet wie diese Gesetzeslehrer im Evangelium: Der wird zu einem großen Verurteiler, der ständig andere anklagt... Und wer ist der große Ankläger in der Bibel? Der Teufel! Entweder tust du das Werk Jesu, der vergibt, indem er sein Leben hingibt… so viele Stunden dort im Beichtstuhl sitzend, wie diese beiden Heiligen – oder du tust das Werk des Teufels, der verurteilt und anklagt!“

Er könne ja verstehen, dass es Priester gebe, die innerlich nicht so stark zum Vergeben bereit seien, schloß Franziskus. „Aber wenn die sich dazu nicht imstande fühlen, dann sollen sie die Demut haben zu sagen: Nein, ich feiere die Messe, ich putze den Fußboden und mache alles, aber ich nehme keine Beichte ab, denn das kann ich nicht so gut.“

(rv 09.02.2016 sk)








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