2016-01-26 11:43:00

Papst Franziskus empfängt Irans Präsidenten Rohani


 

Franziskus hat am Dienstagvormittag Irans Präsidenten Hassan Rohani empfangen. Das Staatsoberhaupt ist in diesen Tagen zu seiner ersten Europa-Visite unterwegs und sprach am Montag mit Italiens Premier Matteo Renzi. Der Staatsbesuch fällt in eine wichtige Phase der Neuausrichtung Irans: Da Teheran nach Jahren der Auseinandersetzungen im Atomstreit einlenkte, wurden vor wenigen Tagen die Sanktionen gegen das Land aufgehoben, das eine Schlüsselrolle für die Stabilität im Nahen und Mittleren Osten spielt.

Während Rohanis Stationen in Italien und Frankreich hauptsächlich den milliardenschweren Wirtschaftsverträgen gelten, ging es im Vatikan um die politische und interreligiöse Agenda. „Während der herzlichen Gespräche“, so heißt es formelhaft in der vatikanischen Note im Anschluss an die Begegnung, hätten der Papst und der iranische Präsident sich über „das Leben der Kirche im Land und das Wirken des Heiligen Stuhles zur Förderung der Menschenwürde und der Religionsfreiheit“ ausgetauscht. Damit dürfte auch die im Iran häufig praktizierte Todesstrafe gemeint sein. Außerdem sei es um das kürzlich in Wien abgeschlossene Atomabkommen und die Rolle des Iran im Nahen Osten gegangen. Dort sei das Land - zusammen mit anderen - gerufen, mit „geeigneten politischen Lösungen“ gegen „die Verbreitung des Terrorismus und den Waffenhandel“ vorzugehen. In diesem Zusammenhang hätten der iranische Präsident und der Papst sowie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an die „Verantwortung des Religionsgemeinschaften bei der Förderung von Versöhnung, Toleranz und Frieden“ erinnert, wie es in der Vatikan-Note heißt.

Der letzte Besuch eines iranischen Präsidenten beim Papst liegt nicht weniger als 17 Jahre zurück: 1999 empfing Papst Johannes Paul II. Mohammad Khatami, der auch zur Totenmesse des polnischen Papstes 2005 anreiste.

„Der Besuch von Hassan Rohani bei Papst Franziskus ist nicht nur allgemein wichtig, auch der Moment ist bedeutsam“, sagte uns der französische Priester und Iran-Spezialist François Bousquet, der auch als Berater am Päpstlichen Dialograt wirkt. „Man sieht Iran in dieser Zeit zurückkehren auf die internationale Bühne. Das Prestige des Papstes ist auf internationaler Ebene so groß, dass das sogar für die Iraner selbst wichtig ist, dass ihr Präsident ausgerechnet den Papst trifft. Was aber den Dialog zwischen Iran und Vatikan betrifft: der ist schon alt, und er ist bedeutsam für die Zukunft.“

Tatsächlich unterhalten der Heilige Stuhl und Iran bereits seit 1953 diplomatische Beziehungen, die beide Seiten auch über die Konflikte des Landes hindurch aufrechterhielten. Mit Freude hatte der Heilige Stuhl vergangenen Juli die Nachricht vom internationalen Atomabkommen mit dem Iran aufgenommen. Papst Franziskus lobte die Übereinkunft ausdrücklich in seiner Ansprache vor dem diplomatischen Corps zu Beginn des Jahres.

Und so ist denn einer der Schwerpunkte des Besuchs im Vatikan friedenspolitisch grundiert. Teheran spielt eine bedeutende Rolle im Syrienkrieg als Gegenspieler Saudi-Arabiens. „Der Papst macht für den Frieden buchstäblich alles, was er kann. Er empfängt alle, ohne Bedingungen“, so Bousquet. „Ich denke, im Moment gibt es nur ganz wenige Parteien, die sowohl mit den einen als auch mit den anderen reden können in einem so angespannten Kontext.“

Die Art der Beziehungen zwischen Iran und dem Heiligen Stuhl charakterisiert der Fachmann als „gelassen, auch wenn es genug Stoff zur Debatte gibt“. Es bestehe ein gegenseitiges Interesse an diesem Dialog, der im Wesentlichen auch ein interreligiöser Dialog sei, gerade mit Blick auf islamistischen Extremismus. „Natürlich gibt es aber auch Spannungen, da muss man nichts beschönigen. Das ist der Grund, warum letzten Sommer Kardinal Tauran (der Präsident des Päpstlichen Dialogrates) zunächst und danach der Papst den Religionsführern klar gesagt haben, dass es an ihnen liegt, die Unmenschlichkeit der Extremisten anzuprangern und sich gegen die Instrumentalisierung der Religion zu wehren“.

Im Iran ist es nicht der Präsident, der die religiösen Geschicke lenkt, sondern der Oberste Geistliche Führer, Ayatollah Seyed Ali Khamenei. Diese Funktion ist die wichtigste des Landes. Der Geistliche Führer in der Islamischen Republik Iran bestimmt die Strategie des Staates in der Außen-, Innen-, und Wirtschaftspolitik, er billigt oder  verwirft jedes Gesetz, ehe es in Kraft treten kann. „Der Präsident ist eines der politischen Elemente des Landes, aber das ist nicht politikentscheidend wie bei uns“, erklärt Bousquet. „Deshalb muss man bei Wahlen, wo im Prinzip bloß die Namen der Regierenden ausgewechselt werden, auf die Studenten- und Jugendbewegungen achten. Sie verlangen einen anderen Lauf der Dinge. Und das ist im Iran ein Spannungsfaktor.“

(rv 26.01.2016 gs)








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