2016-01-18 10:18:00

Niger: Christen zwischen Angst und Aufbruch


Ein Jahr nach der Zerstörung von mehr als 70 Kirchen bei blutigen Protesten gegen Christen in Niger fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine konsequentere Strafverfolgung der für die Gewalt Verantwortlichen. „Wer Kirchen systematisch niederbrennt und Menschen wegen ihres Glaubens bedroht, sollte dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden. Straflosigkeit bringt bedrohte Minderheiten auf Dauer noch mehr in Bedrängnis“, erklärte der Afrikareferent des von Deutschland aus operierenden Verbands, Ulrich Delius, am Montag in Göttingen.

Rund 70 Verdächtige wurden während der Ausschreitungen am 16. und 17. Januar letzten Jahres in Haft genommen, die nach den Solidaritätskundgebungen für die Opfer des Terroranschlags auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ ausgebrochen waren. Doch bis heute wurde kein Prozess gegen die Inhaftierten eröffnet. In der Öffentlichkeit wird noch immer darüber gestritten, ob islamistische Extremisten oder die politische Opposition für die Gewalt verantwortlich waren.

Bei den Ausschreitungen waren zehn Menschen getötet und innerhalb weniger Stunden 72 Kirchen, zahlreiche Schulen und andere Einrichtungen sowie Häuser von Pastoren und Geschäfte von Christen niedergebrannt worden. Rund 80 Prozent der christlichen Gotteshäuser des Landes wurden in nur vier Stunden zerstört. Besonders betroffen waren die Hauptstadt Niamey und die Stadt Zinder.

Ein Jahr nach der Zerstörung sind viele Kirchen noch immer nur behelfsmäßig repariert. Gottesdienste finden oft im Freien statt. Der Wiederaufbau wird Schätzungen zufolge drei Millionen Euro kosten, die die verarmten Gemeinden alleine nicht aufbringen können. Geld des Staates wollen die Bischöfe nicht in Anspruch nehmen, um unter der muslimischen Mehrheitsbevölkerung keinen Neid zu schüren. Bei den Bauarbeiten helfen sowohl Gemeinde-Mitglieder als auch Muslime. Die Gewalt hat Christen in ihrem Glauben enger zusammenstehen lassen und Muslime versichern, dass es keine Probleme zwischen den Religionsgemeinschaften in dem westafrikanischen Land gibt. In zahlreichen Orten wurden Komitees gegründet, um den Dialog zwischen beiden Glaubensgemeinschaften zu fördern.

Nach den Ausschreitungen hatten Augenzeugen berichtet, die meist jugendlichen Gewalttäter seien bei der Auswahl ihrer Angriffsziele nach Listen vorgegangen. Es sei kein spontaner Protest, sondern eine gezielt vorbereitete Kampagne von Islamisten gegen die christliche Minderheit. Nach den jüngsten Terroranschlägen von Burkina Faso und Mali wächst unter den Christen, die in Niger nur zwei Prozent der Bevölkerung stellen, jedoch die Angst vor islamistischer Gewalt.

(pm 18.01.2016 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.