2016-01-15 10:42:00

Heilige Pforte ins Nichts


Eine Heilige Pforte, die ins Leere führt: Auch das gibt es in diesem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit. In Rustavi, Georgien, hat im Dezember der Apostolische Administrator des Kaukasus, Giuseppe Pasotto, feierlich eine Heilige Pforte geöffnet, die einfach auf einer Wiese steht. Eigentlich hätte sich hier schon längst eine große Kirche erheben sollen, doch seit drei Jahren wird das aus irgendwelchen Gründen nichts mit der Baugenehmigung. Der Bürgermeister von Rustavi mauert. Klammer auf: Georgien ist mehrheitlich orthodox, und die Beziehungen zur katholischen Minderheit sind nicht immer die besten. Klammer zu.

„Ich muss sagen, die Idee zu dieser Pforte entstand bei einem Gespräch mit den Priestern“, sagt uns der Bischof. „Wir haben entschieden, die Pforte eben auf dem Gelände zu errichten, auf dem wir schon seit Jahren um einen Kirchenbau kämpfen, der übrigens der Göttlichen Barmherzigkeit geweiht sein soll. Aber es ist ein echtes Problem mit diesem Kirchenbau; wir haben so gut wie alle Genehmigungen, trotzdem haben wir noch nichts erreicht. Aber wir wollen das als Zeichen für uns nehmen: Barmherzigkeit erfordert immer Geduld, erfordert auch, Projekte mal auf die lange Bank zu schieben und andere Sichtweisen zu akzeptieren.“

Dabei will es der Herr der Heiligen Pforte auf der grünen Wiese aber nun auch nicht belassen. „Unser zweites Motiv ist auch, dass wir der Gesellschaft ein Zeichen geben wollen – denn die Barmherzigkeit geht immer auch einher mit der Gerechtigkeit! Das ist also auch ein Aufruf an die Behörden, an die Gesellschaft.“

Der Apostolische Administrator des Kaukasus für die Lateiner – so sein offizieller Titel – hat aber auch noch eine poetischere Interpretation. „In einem Brief an die Gläubigen habe ich geschrieben: Stellt euch mal vor, wir stehen alle vor der Pforte, der Heiligen Pforte der Barmherzigkeit, und wenn wir sie öffnen, was finden wir dahinter? Nichts! Keine Mauern; denn die Barmherzigkeit hat keine Mauern. Kein Dach; denn die Barmherzigkeit lässt uns den Himmel sehen. Keine Sitzplätze; die Barmherzigkeit fordert uns nämlich dazu auf, uns in Bewegung zu setzen. Keine vorderen oder hinteren Plätze, weil wir alle gleich sein werden. Dieses Bild hat uns geholfen, etwas vom Geheimnis Gottes zu verstehen. Und so kam die Idee zu diesem Zeichen auf.“

Unter den vielen Heiligen Pforten, die es in aller Welt gibt, ist die georgische vielleicht die originellste. Trotzdem, sie erfüllt ihren Zweck. Georgiens Katholiken nehmen das Heilige Jahr ernst. „Wir haben ein Programm aufgestellt, das uns ziemlich in Atem halten wird. Wir wollten dieses Jahr auf keinen Fall vertun“, sagt Pasotto. Und von der „Peripherie“ aus, von der Papst Franziskus so gerne spricht, hat er auch eine Botschaft ans ferne Rom.

„Eine offene Tür ist immer eine Tür, die Überraschungen zulässt. Wenn wir auf Rom sehen, wissen wir, dass es dort ständig zu Überraschendem kommt; wir spüren aber auch den Blick des Heiligen Vaters auf unserer Peripherie. Was wir hier anzugehen haben, ist die Frage der Gemeinschaft mit der orthodoxen Kirche, mit den anderen christlichen Konfessionen. Heute ist es schmerzlich, zu denken: Wir sind hier, Vertreter so vieler Konfessionen, aber wir können noch nicht einmal zusammen beten. Da müssen wir also noch die eine oder andere Tür öffnen. Türen öffnen! Das bedeutet, sich für die Zukunft zu öffnen und zu verstehen, welche die Zukunft sein wird, die Gott für uns beschlossen hat.“

(rv 15.01.2016 sk)








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