2016-01-09 13:46:00

Österreich: „Unter Papst Franziskus neue katholische Streitkultur"


Unter Papst Franziskus treten im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern innerkirchliche Differenzen stärker zutage, zugleich entwickelt sich eine „neue katholische Streitkultur". Das sagte der Theologe Christian Bauer vom Institut für Praktische Theologie der Universität Innsbruck am Samstag zum Abschluss der diesjährigen österreichischen Pastoraltagung unter dem Thema „Pluralität in Gesellschaft und Kirche" in Salzburg. Katholisch - also „weltumspannend“ - sein bedeute per se das Aushalten von Pluralität, so Bauer. Der Papst habe dies etwa bei der Weltbischofssynode zu Ehe und Familie im vergangenen Herbst selbst gefördert, als er die Synodalen dazu aufforderte, über durchaus kontroverse Themen „mit Freimut zu sprechen". In seiner Schlussansprache habe Franziskus realistisch vermerkt, manche der besprochenen Themen seien für den einen Bischof „normal", für den anderen aber „ein Skandal".

Bauer erinnerte daran, dass der Kirche „Pluralität im eigenen Haus" gleichsam eingeschrieben sei: Von den Anfängen des Christentums an sei „Sammlung", für die Petrus steht, neben „Sendung", die Paulus vorlebte, gestanden. In der Bibel gebe es nicht einen, sondern zwei Schöpfungsberichte; beim II. Vatikanum seien mit „Lumen Gentium" und „Gaudium et Spes" quasi zwei Kirchenverfassungen verabschiedet worden. Nicht zufällig habe Papst Johannes XXIII. das Konzil mit dem alten Leitwort eröffnet: „Im Notwendigen Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem Liebe."

 

Bauer legte dem Auditorium Haltungen ans Herz, die Neues als Frucht von Differenz entstehen lassen. Es gelte sich im Sinn von Michel Foucault auf Erfahrungen einzulassen, aus denen man „verändert hervorgeht", ohne Konfliktscheu, stattdessen bereit, sich selbst nicht auf festgelegte Schablonen der Wahrnehmung zu beschränken. Der barmherzige Samariter der Bibel sei Vorbild darin, sich von Begegnungen mit dem Anderen im Alltag unterbrechen zu lassen. Dies ist nach den Worten Bauers auch Voraussetzung dafür, sich für die Begegnung mit Gott als dem „ganz Anderen" offenzuhalten.

Freilich könne es damit auch zu Kontakt mit anderen Zeitgenossen kommen, deren Anderssein „weh tut". Auf das derzeit so polarisierte Feld der Politik gemünzt sagte der Pastoraltheologe, es komme vor, dass manche Gruppen die Freiheit des demokratischen Rechtsstaates benutzen, um dessen Freiheit zu bekämpfen. Bauer zeigte sich demgegenüber aber optimistisch: Eine offene Gesellschaft, die ihre grundlegenden Werte nicht aufgibt, sei „durch nichts zu besiegen - auch nicht durch Terror".

(kap 09.01.2015 gs)








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