Krakaus Kardinal Stanislaw Dziwisz hat Spitzenpolitikern des Landes eine Spaltung
Polens vorgeworfen. „Wir beobachten mit Sorge die Vertiefung der Teilung unserer Gesellschaft“,
sagte Dziwisz am Sonntag nach Angaben des südpolnischen Erzbistums. „Die politischen
Führer berücksichtigen nicht immer die Empfindlichkeit und das Bedürfnis der gesamten
Gesellschaft.“
Dziwisz ermahnte sowohl die nationalkonservative Regierung als auch die Opposition.
Schwierige Dinge würden nicht durch Demonstrationen gelöst, sagte er offenbar mit
Blick auf die vom oppositionellen „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ organisierten
Kundgebungen in rund 20 polnischen Städten vom Samstag. Der Gang auf die Straße spalte
das Land und senke das Niveau des politischen Lebens. Notwendig sei ein friedlicher
und sachlicher Dialog.
Die Regierung müsse die pluralistische Gesellschaft achten, so der Kardinal und frühere
Sekretär von Papst Johannes Paul II. (1978-2005). Sie solle unvoreingenommen und
ehrlich sein und allen zuhören, auch den Andersdenkenden.
Nach Angaben des „Komitees zur Verteidigung der Demokratie“ demonstrierten am Samstag
landesweit 100.000 Menschen gegen eine von der nationalkonservativen Regierungspartei
geplante Reform des Verfassungsgerichts. Durch diese werde die Unabhängigkeit des
höchsten Gerichts und die Gewaltenteilung gefährdet. Die Regierung weigert sich seit
mehreren Wochen, zwei Urteile des Verfassungsgerichts umzusetzen. Ministerpräsidentin
Beata Szydlo warf den Richtern vor, lediglich eigene Interessen schützen zu wollen.
Dziwisz ist der erste Bischof, der sich zu dem seit Ende November schwelenden Konflikt
in der Öffentlichkeit äußert.
(kna 20.12.2015 sk)
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