2015-11-30 09:17:00

Papst besucht eine Moschee in Bangui


Ein denkwürdiger Moment dieser ersten Afrikareise war es, als Papst Franziskus am Montagmorgen eine Moschee in Bangui besuchte. Unter starken Sicherheitsvorkehrungen betrat er das islamische Gebetshaus von Koudoukou; es liegt in einem Viertel, um das viele Christen der Hauptstadt aus Angst lieber einen Bogen schlagen. Erst am Sonntag waren dort, zeitgleich zur Ankunft des Papstes in der Zentralafrikanischen Republik, zwei Christen ermordet worden: ein krimineller Akt, sonst nichts, wiegelten vatikanische Gendarmen sofort ab.

Fünf Imame empfingen Franziskus und begleiteten ihn zu einem Podium im Innern der Großen Moschee; es war am Rand des Bereichs aufgestellt, der dem Gebet vorbehalten ist. Etwa zweihundert Menschen waren anwesend; das Radio übertrug das Geschehen, Live-Fernsehbilder gab es hingegen nicht. Für Franziskus war es der zweite Moscheebesuch in seinem Pontifikat, er hat schon mal die Blaue Moschee von Istanbul betreten und dort auch für einen Moment still gebetet. Doch dem Termin hier in Zentralafrika kam natürlich besondere Bedeutung zu wegen der starken muslimisch-christlichen Spannungen, die sich seit März 2013 immer wieder gewaltsam entladen, bis heute, und gerade in Bangui.

„Sire“, so sprach der Imam der Moschee, Tidiani Moussa Naibi, den Besucher aus dem Vatikan an. „Ihr Besuch ist ein Symbol, das wir sehr gut verstehen. Aber ich möchte Sie gleich beruhigen: Nein, unsere Beziehungen zu unseren christlichen Brüdern und Schwestern sind so gut, dass kein Manöver, welches sich gegen sie richtet, Aussicht auf Erfolg hätte!“ Natürlich könnten „Unruhestifter“ punktuell Unfrieden sähen, doch die „Bande der Freundschaft“ zwischen den zwei Religionsgruppen seien schlechthin unzerreissbar, versicherte der Imam.

Imam: „Wir bitten Sie, die Welt zu beruhigen“

„Ja, Sire, ich bekräftige es Ihnen: Die Christen und Muslime dieses Landes sind dazu verurteilt, zusammenzuleben und einander zu lieben! Aber dazu brauchen wir die Solidarität der ganzen Welt – und es stimmt schon, dass es uns daran nicht gefehlt hat.“ Was der islamische Prediger damit meinte, wurde sofort klar, als er die verschiedenen Friedenstruppen (Franzosen etwa oder die der Afrikanischen Union) aufzählte, die mittlerweile in Bangui mit dem Gewehr in der Hand den brüchigen Frieden sichern sollen. „Wir wissen und werden nie vergessen, dass Dutzende junger Soldaten aus verschiedenen Ländern ihr Leben verloren haben, um unserem Volk den Frieden zu bringen. Allen sagen wir besonderen Dank.“

Auch der Papstbesuch selbst sei so ein Zeichen internationaler Solidarität mit der Zentralafrikanischen Republik, fuhr der Imam fort. Das zeige, „dass die Welt uns beobachtet und sich über unsere Lage Sorgen macht“. „Wir würden Sie darum bitten, die Welt zu beruhigen! Nein, das Volk von Zentralafrika ist nicht auf Konflikt und Gewalt aus. Nein, die jetzige Lage unseres Landes muss nicht ewig so bleiben! Das ist einfach ein Moment in unserer Geschichte. Ein schmerzhafter Moment, ja, sogar ein bedauerlicher Moment, aber eben nur ein Moment. Und bald – sehr bald, wenn Gott will! –, werden wir unseren früheren Frieden und unsere frühere Sicherheit wiederfinden... Möge der alleinige, allmächtige und allwissende Gott unserem Land den Frieden schenken!“

Papst: „Gott ist Friede, salam“

Und dann die Ansprache des Papstes, die simultan in die Landessprache Sango übersetzt wurde. „Mein Pastoralbesuch in der Zentralafrikanischen Republik wäre nicht vollständig, wenn er nicht auch diese Begegnung mit der muslimischen Gemeinde einschließen würde“, sagte Franziskus.

„Wir Christen und Muslime sind Geschwister. Wir müssen uns also als solche betrachten und uns als solche verhalten. Wir wissen sehr wohl, dass die letzten Ereignisse und Gewalttaten, die Ihr Land erschüttern haben, nicht auf wirklich religiösen Motiven beruhten. Wer behauptet, an Gott zu glauben, muss auch ein Mensch des Friedens sein.“

Christen, Muslime und Anhänger der traditionellen Religionen hätten „über viele Jahre hin friedlich zusammengelebt“, so der Papst. Sie sollten also „vereint bleiben“, um Gewalttätern das Wasser abzugraben. „Sagen wir gemeinsam „Nein“ zum Hass, zur Rache, zur Gewalt, besonders zu jener, die im Namen einer Religion oder im Namen Gottes verübt wird! Gott ist Friede, salam.“

Franziskus würdigte die gemeinsamen Anstrengungen christlicher und islamischer Verantwortlicher, wieder „Eintracht und Brüderlichkeit unter allen“ herzustellen. „Und wir können auch die vielen Gesten der Solidarität erwähnen, die Christen und Muslime – in Ihrem Land, aber ebenso in anderen Teilen der Welt – gegenüber ihren Landsleuten eines anderen religiösen Bekenntnisses zeigten, indem sie sie im Laufe dieser letzten Krise aufnahmen und verteidigten.“ Er hoffe, dass bei den kommenden Wahlen Kandidaten gewönnen, die nicht nur „Vertreter einer Gruppierung“ seien, sondern die Menschen im Land zusammenführten.

„Ich ermutige Sie von Herzen, aus Ihrem Land ein einladendes Haus für alle seine Söhne und Töchter zu machen, ohne Unterscheidung der Ethnie, der politischen Zugehörigkeit oder des religiösen Bekenntnisses. Dann kann die im Herzen Afrikas gelegene Zentralafrikanische Republik dank der Zusammenarbeit aller ihrer Söhne und Töchter dem gesamten Kontinent einen Impuls in diesem Sinne geben.“ Eine zugegeben sehr optimistische Zukunftsvision: Zentralafrika als Modell interreligiösen Zusammenlebens für ganz Afrika.  

„Liebe Freunde, ich lade Sie ein, für die Versöhnung, die Brüderlichkeit und die Solidarität unter allen zu arbeiten, ohne die Menschen zu vergessen, die am meisten unter diesen Ereignissen gelitten haben. Gott segne und beschütze Sie!“

(rv 30.11.2015 sk)








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