2015-11-20 08:49:00

„Ökumene hängt von Personen ab": Bischof Feige im Interview


Der Weg des Papstes ist auch ein Weg für die Ökumene. Das sagt Bischof Gerhard Feige, Ökumene-Beauftragter der deutschen Bischöfe. Nach dem Besuch von Papst Franziskus in der evangelisch-lutherischen Gemeinde Roms vom vergangenen Sonntag, bei dem er ein konfessionsverschiedenes Ehepaar ansprach und der Gemeinde einen Abendmahls-Kelch schenkte, ist klar, dass die so oft geäußerte Einschätzung, die klassische Ökumene, also die Einheit mit den Kirchen der Reformation, sei nicht so sehr das Anliegen von Papst Fanziskus, falsch ist. Auch diese klassische Ökumene ist ein Thema für Franziskus, so Bischof Feige, und nicht nur der Besuch bei den Lutheranern mache das deutlich. Anlässlich des Ad Limina-Besuches der deutschen Bischöfe ist Bischof Feige derzeit in Rom und hat dieses Thema unter anderem auch im Päpstlichen Einheitsrat diskutiert.

Wir haben mit ihm über Reformationsgedenken, Papstbesuch und den Weg der Ökumene gesprochen. Zuerst wollten wir wissen, wie er den Papstbesuch in der (vor allem deutschsprachigen) lutherischen Gemeinde in Rom wahrgenommen hat.

„Ich weiß nicht, was er damit verbunden hat, aber es ist ein deutliches Zeichen einer gewissen Anerkennung.“

RV: Sie sind jetzt hier zu den Ad Limina-Besuchen, war das auch ein Thema im Einheitsrat?

„Wir haben im Einheitsrat vor allem über 2017 [über das Reformationsgedenken] gesprochen, sowohl auf internationaler Ebene zwischen Lutherischem Weltbund und Päpstlichen Einheitsrat, als auch was das für uns in Deutschland bedeutet und welche Schritte wir auf 2017 hin gehen. Da gibt es ja jetzt schon sehr erfreuliche Elemente, die Katholiken und Protestanten im Hinblick auf 2017 verbinden. Wir haben aber auch über konfessionsverschiedene Ehen und die schwierige Problematik gesprochen, was das für diese Familien bedeutet, für ihre Kinder und für ihren persönlichen Glaubensvollzug, selbst unterschiedlichen Kirchen anzugehören.“

RV: Dazu hat Papst Franziskus selber ja etwas gesagt. In seiner Antwort greift er in gewisser Weise das auf, was in der Synode gesagt wurde, und sprach von Gewissen und von der Verantwortung vor Gott. Sind das Lösungsansätze?

„Ich glaube ja. Er hat ja gesagt, dass er keine generelle Zulassung erteilen kann. Das ist auch korrekt, theologisch müssen wir da weiter überlegen, um Lösungen zu finden. Aber dem Papst liegen ja vor allem die Einzelnen am Herzen, die Seelsorge. Da gibt er Ratschläge, wie Einzelne ihr Glaubensleben gestalten können, auch im Blick auf ein gemeinsames Abendmahl.“

RV: Noch einmal zurück zu 2017; gibt es denn erste konkret vereinbarte Schritte mit Rom?

„Lutherischer Weltbund und Päpstlicher Einheitsrat werden am 31. Oktober 2016 in Lund in Schweden dieses Gedächtnis gemeinsam begehen. Im Vorfeld ist dazu ein sehr wichtiges Dokument entstanden, „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“, das gewissermaßen die Grundlage dazu ist. Bei diesem gemeinsamen Begehen wird es auch einen Versöhnungsgottesdienst geben.“

RV: Sie haben im Einheitsrat Gespräche geführt; der Papst verschenkt Abendmahlskelche an Lutheraner; kommen Sie ökumenisch gestärkt nach Deutschland zurück?

„Durchaus, ja. Ich bin sehr froh, weiß aber auch um die Schwierigkeiten, die es nach wie vor gibt; weiß auch, dass Ökumene immer von Personen abhängt, dass es Höhen gibt. Dieser Besuch in Rom hat mir Mut gemacht.“

In fünf Schritten zum Reformationsgedenken

Fünf ökumenisch geprägte Elemente habe man mit Blick auf das Reformationsgedenken entwickelt, so Bischof Feige weiter, niedergeschrieben in einem Briefwechsel zwischen Bischof Heinrich Bedford-Strohm, dem Ratsvorsitzenden der EKD, und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.

Einmal wird es 2016 einen Bibelkongress geben; die Lutherbibel wie auch die Einheitsübersetzungen sind revidiert, und vielleicht gelinge es ja, das gegenseitig zu würdigen, hofft Bischof Feige.

Ein zweiter Punkt: Eine Pilgerreise der EKD und der DBK nach Israel, „eine geistliche Dimension“.

Ein dritter Punkt: Am Samstag vor dem zweiten Fastensonntag 2017 werde es in Deutschland einen zentralen Versöhnungsgottesdienst geben, und zwar in der ehemaligen Abteikirche und jetzigen lutherischen Michaelskirche in Hildesheim. Dazu gebe es auch einen „hervorragenden Text“, betont Bischof Feige, er widme sich der „Reinigung des Gedächtnisses oder der Heilung der Erinnerung“ und werde im Vorfeld erscheinen.

Vierter Punkt: Ein missionarisches Signal in die Gesellschaft wird von einem eintägigen ökumenischen Kongress im Ruhrgebiet ausgehen, der im Herbst stattfinden wird, wünscht Feige.

Und schliesslich lädt die evangelische Kirche die anderen christlichen Kirchen am Fest Kreuzerhöhung zu einem Gottesdienst ein. Dort komme vor allem die grundlegende Idee zum Ausdruck, dass es 2017 um ein Christusfest gehe. „Luther ging es wesentlich um eine Neuentdeckung des Evangeliums und um einen innigen Bezug zu Christus; das muss heute auch unser Anliegen sein, die Botschaft Jesu Christi in unserer Gesellschaft wieder verkünden“, sagt Bischof Feige.

(rv 20.11.2015 ord)








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