2015-11-10 11:10:00

Papst in Prato: „Kein Glaube ohne Risiko“


Papst Franziskus besucht an diesem Dienstag die beiden toskanischen Städte Florenz und Prato. Um 8 Uhr am Morgen kam er per Hubschrauber in Prato an. In dem Zentrum der italienischen Textil- und Lederwarenindustrie traf der Papst mit Arbeitern chinesischer Billigfirmen zusammen, die dort zu Tausenden unter oft katastrophalen Bedingungen arbeiten.

Beim Dom von Prato hielt der Papst eine Ansprache. „Es gibt kein Glauben ohne Risiko“, so der Papst in seiner Rede. Tausende Gäste und Besucher waren anwesend. Mit Glockengeläut und tosendem Applaus wurde der Gast aus Rom empfangen. Der Papst lud die Anwesenden ein, „nicht in der Ungleichgültigkeit zu verharren“. Alle Gläubigen müssten sich dazu berufen fühlen, „dem Ruf Gottes zu folgen und wenn nötig auch alles dafür zurückzulassen“. Er selber sei nach Prato als Pilger gekommen, so der Papst an die Arbeiter gerichtet. „Das ist wenig, aber es war mir wichtig hier bei euch zu sein“, fügte er an. Franziskus sagte weiter, dass ein Glaube, der „nur auf sich selbst gerichtet und geschlossen“ sei, nichts mit dem Glauben an den liebenden Gott zu tun habe.

Den einschneidenden Veränderungen der Welt in den vergangenen Jahren müsse jeder „mit Mut und Zuversicht“ begegnen. „Der Herr will ja gerade jene ansprechen, die ihn noch nicht lieben. Er will, dass in uns eine neue Leidenschaft für die Mission wächst und deshalb schenkt er uns große Verantwortung“, so der Papst weiter. Die Aufgabe der Kirche sei es, gerade jenen beizustehen, die sich „verirrt fühlen“ und wieder den Weg zum Herrn aufsuchen. „Die Kirche baut Zelte auf, in der sie die Verletzten und die Verirrenden aufnimmt.“ Es gebe keine Menschen, die zu weit weg von der Kirche sein könnten. Jeder könne von der Frohen Botschaft erreicht werden, sagte der Papst auf dem Domplatz zu den Arbeitern.

„Krebs der Korruption“ ausrotten

Papst Franziskus prangerte auch ausdrücklich die Ausbeutung von Arbeitern auch in Europa an. Die Würde des Menschen verlange, dass die Gesellschaft den „Krebs der Korruption“ und das „Gift der Illegalität“ auf dem Arbeitsmarkt ausrotte, so der Papst. „Werden wir niemals müde, für die Wahrheit zu kämpfen“, rief der Papst vom Balkon der Kathedrale den mehreren Tausend Menschen zu, darunter viele chinesische Arbeiter, die in der toskanischen Stadt für Billigproduzenten aus China unter oft menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigt sind.

In seiner Ansprache erinnerte Franziskus an sieben chinesische Textilarbeiter und -arbeiterinnen, die vor zwei Jahren bei einem Fabrikbrand in Prato umgekommen waren. Die fünf Männer und zwei Frauen waren illegal eingewandert und lebten und schliefen in Kartons in ihrer Werkshalle. Der Papst sprach von einer „Tragödie der Ausbeutung und unmenschlichen Lebensbedingungen“. Jeder Mensch habe das Recht auf eine würdige Arbeit. Er rief dazu auf, gegenüber solchen Zuständen nicht gleichgültig zu bleiben.

Auf dem Platz vor dem Dom von Prato grüßte Franziskus eine Gruppe von Arbeitern, neben Chinesen auch Ukrainer, Polen, Rumänen, Nigerianer und Pakistanis. In die Schlagzeilen gerieten Prato und seine chinesischen Textilfabriken im Dezember 2013: Durch einen Brand kamen sieben chinesische Arbeiter ohne Aufenthaltsgenehmigung ums Leben. Die Ermittlungen der italienischen Justiz förderten eklatante Sicherheitsmängel und katastrophale Arbeitsbedingungen zutage. Nach dem einstündigen Besuch in Prato flog Franziskus im Hubschrauber ins benachbarte Florenz weiter.

(rv 10.11.2015 mg)








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