2015-09-11 11:43:00

Ban Ki-moon: „Wir brauchen die starke Stimme des Papstes"


Zwei Wochen noch: Am 25. September spricht Papst Franziskus vor der UNO-Vollversammlung in New York. Im Rahmen seiner USA-Reise wird er am Sitz der Vereinten Nationen vor den Staatsoberhäuptern der Welt - darunter Barack Obama und Wladimir Putin – eine Rede halten. Radio Vatikan sprach mit dem Generalsekretär der UNO, Ban Ki-moon, über seine Erwartungen an den Papstbesuch und gemeinsame Ziele bei der Bekämpfung von Armut, Verfolgung und Klimawandel.

Mit großer Vorfreude erwarten die Vereinten Nationen in New York den Besuch des Heiligen Vaters. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat Franziskus bereits vier Mal getroffen, das letzte Mal empfing der Papst ihn im April zur Audienz im Vatikan. Franziskus sei ein gütiger Mann von großer Menschlichkeit, dessen Stimme ein großes moralisches Gewicht habe, so Ban Ki-moon im Radio-Vatikan-Interview.

„Wir brauchen wirklich eine starke Stimme wie die des Papstes, die uns an moralische Werte erinnert. Bei seiner Rede werden 150 Staatsvertreter aus der ganzen Welt anwesend sein. Ich kann mir keine größere und bedeutendere Versammlung von Weltführern vorstellen, den Papst mit eingeschlossen. Ich bin dankbar für die barmherzige Führung des Papstes zugunsten von Frieden und Menschlichkeit.“

In der aktuellen Flüchtlingskrise lobte der UNO-Generalsekretär die Solidarität und die Initiative, die viele Staatsführer zeigten. Die große Anzahl an Flüchtlingen verlange jedoch, dass die europäischen Regierungen mehr täten. Schließlich die Menschen vor Krieg und Verfolgung auf der Flucht und müssten angemessen und schnell geschützt werden, so Ban ki-Moon. Europa habe da auch etwas von seinem Wohlergehen zurückzugeben.

„Dies ist eine beispiellose Herausforderung für die ganze Welt, besonders für Europa. Es muss aber auch bedacht werden, dass der europäische Kontinent und seine Einwohner von dieser Art der Migration und der Suche nach Freiheit sowie von besseren Lebensbedingungen profitiert hat. Nun, da die europäischen Länder zu den größten und reichsten Wirtschaften der Welt gehören, hoffen wir, dass sie ihre globale Solidarität und ihre barmherzige Führung zeigen, indem sie sich um diese humanitären Angelegenheiten kümmern.“

Eine Großzahl der Flüchtlinge kommt zurzeit aus Syrien. Der syrische Bürgerkrieg dauert nun bereits fast fünf Jahre, rund 300.000 Menschen sind gestorben, 4 Millionen sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen zeigten sich in den politischen Verhandlungen machtlos, wurden immer wieder von China und Russland blockiert. Nach wie vor ist Ban ki-Moon aber überzeugt, dass es keine militärische Lösung für diesen Konflikt geben kann.

„Ich habe immer wieder auf eine politische Lösung gepocht. Im Juni 2012 haben wir ein gutes Abkommen getroffen, um Arbeitsgruppen zu bilden im Bereich Militär und Sicherheit, Versöhnung, Entwicklung der Infrastrukturen, auf politischer Ebene und der Verfassung. Es war ein Versuch, den politischen Spielraum auszudehnen, um den Konflikt zu lösen. Ich fordere mit Nachdruck die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats dazu auf, in diesem schwierigen Moment ihre Geschlossenheit zu zeigen.“

Im Zuge der Bürgerkriege in Syrien und dem Irak ist ein weiteres großes Problem hinzugekommen: Religiöse Minderheiten, insbesondere Christen, werden brutal verfolgt und ermordet. Papst Franziskus prangert die Angriffe auf Christen immer wieder an. Umso wichtiger sei es, die Vertriebenen in Europa aufzunehmen, betont der UNO-Generalsekretär.

„Es ist absolut inakzeptabel, Menschen aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, aufgrund dessen, wen du liebst und an wen du glaubst, zu verfolgen oder zu diskriminieren. Besonders wenn es sich um Migranten und Flüchtlinge handelt. Diese müssten mir Menschlichkeit und Verantwortlichkeit behandelt werden, unter Einhaltung der internationalen Flüchtlingskonvention und der internationalen Menschenrechte. Deshalb fordere ich die europäischen Staatslenker erneut dringend dazu auf, ihre Grenzen zu öffnen und die nötige humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Wir müssen Mitleid haben mit diesen Menschen.“

Ein wichtiger Baustein für eine Stabilisierung im Nahen Osten könnte das jüngste Atom-Abkommen zwischen den USA und dem Iran sein, so der UNO-Generalsekretär.

„Ich denke, dies ist ein deutlich besseres Abkommen, besser strukturiert und strenger formuliert [als frühere]. Es kann den Iran daran hindern, in naher Zukunft nukleare Waffen herzustellen. Demzufolge hoffe ich wirklich, dass alle Parteien dieses Abkommen unterzeichnen, die Vereinten Nationen sind bereit, die Umsetzung des Prozesses zu gewährleisten, indem sie - über die Vermittlung der Internationalen Atomenergiebehörde - beaufsichtigen und kontrollieren. Auch das ist ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit im Nahen Osten und darüber hinaus.“

Ein Thema, das ebenfalls die ganze Welt betrifft, ist die Erderwärmung. Papst Franziskus habe dem UNO-Generalsekretär bei seinem letzten Besuch in Rom im April garantiert, er wolle im Kampf gegen den Klimawandel eng mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten. Man sei sich einig, dass es moralisch nicht zu rechtfertigen sei, die Treibhausgase auf heutigem Niveau zu belassen, anstatt sie zu senken, so ki-Moon. Er hoffe auf ein allgemeingültiges Abkommen beim Weltklimagipfel in Paris. Mit den bisherigen Ergebnissen sei er nicht zufrieden.

„Es macht mir Sorgen, wie langsam die Verhandlungen vorangehen. Bei der finanziellen Unterstützung arbeite ich eng mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Hollande und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen sowie mit dem Präsidenten von Peru, Ollanta Humala. Wir haben uns mit dem Präsidenten der Weltbank, Jim Young Kim, zusammengetan und der Spitze des Internationalen Währungsfonds. Wir wollen einen glaubwürdigen politischen Rahmen schaffen, um bis 2020 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen und Entwicklungsländer jährlich mit 100 Milliarden Dollar auszustatten.“

Insbesondere die Entwicklungsländer und kleine Inseln seien von dem Klimawandel betroffen, obwohl sie nicht die historische Verantwortung dafür trügen. Ihnen sei es unmöglich, aus eigener Kraft zu einer Linderung oder einer Anpassung an die Situation beizutragen. Deshalb sei finanzielle und technologische Unterstützung für sie notwendig. Ende des Monats verabschiedeten die Vereinten Nationen zudem eine neue Entwicklungsagenda. Ban Ki-moon erhofft sich, dass die Länder sowohl im wirtschaftlichen, sozialen sowie im Umweltbereich 17 nachhaltige Entwicklungsziele verabschieden, die zu mehr Gerechtigkeit auf der Welt führten.

(rv 11.09.2015 cz)








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