2015-08-22 11:51:00

D: Jura-Studenten helfen Flüchtlingen im juristischen Chaos


Flüchtlinge, die nach Europa und Deutschland kommen, haben mit vielen Problemen zu kämpfen: mit den erlittenen Traumatisierungen, mit der Trennung von Familie und Freunden, oft mit Verletzungen und immer mit einer unklaren Zukunft. Ein großes Thema für sie: das Verfahren vor deutschen Behörden und Gerichten, in dem über ihr Bleiberecht entschieden wird. In der Katholischen Akademie im oberschwäbischen Weingarten treffen sich dieser Tage Jura-Studenten, die sich in der Rechtsberatung für Flüchtlinge engagieren. Michael Hermann hat sie besucht:

Von draußen dringen Geräusche in den Seminarraum der Katholischen Akademie Weingarten. Man hört spielende Kinder – Flüchtlingskinder gleich gegenüber in der ehemaligen Benediktinerabtei, die dem Land Baden-Württemberg jetzt als Ersatzaufnahmestelle dient. Die Studierenden und Dozenten, die sich mit den Rechten der Flüchtlingen, mit dem Asyl- und Ausländerrecht beschäftigen, engagieren sich im Rahmen der sogenannten „Refugee Law Clinics“, das sind Ausbildungsstätten an mehr als zehn deutschen Hochschulen, in denen die Nachwuchsjuristen die Beratung von Flüchtlingen lernen. Laura Hilb ist Juradozenten an der Uni Gießen. Sie sagt:

„Natürlich steckt dahinter immer der Gedanke, dass man denjenigen Rechtsberatung zukommen lässt, die es sich finanziell nicht leisten können oder eine staatliche Lücke ist, wie im Asyl-und Flüchtlingsrecht ganz besonders.“

Einer der Rechtsstudenten, die nach Weingarten zum bundesweiten Vernetzungstreffen der studentischen Flüchtlingsberater gekommen sind, ist Christoph König. „Es kann nicht sein, dass die Schwächsten der Schwachen zu uns kommen. Und gerade diesen wird der Zugang zu unserem Rechtsstaat, auf den wir so stolz sind, verbaut. Hier gibt es eine Gerechtigkeitslücke. Und diese können wir füllen.“

Junge Frauen und Männer wie Christoph König beraten – immer unter Anleitung eines Volljuristen – die zahlreichen Flüchtlinge. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2007 ist das auch in Deutschland möglich. „Das kann sehr bereichernd sein. Es kann auch sehr belastend sein, wenn es um konkrete Einzelschicksale geht, wenn es um psychische Erkrankungen geht. Aber wenn man die Studierenden entsprechend vorbereitet, kann man das gut meistern“, sagt Jasper Meyer, der in Caritas-Räumen in München seine Hilfe anbietet. Viele seiner Kliente, seien Flüchtlinge, die unmittelbar vor der Abschiebung stehen, so Meyer.

Auch Alina Häck ist Jurastudentin und hilft Flüchtlingen. Sie weiß aus Erfahrung, dass man nicht immer den Flüchtlingen zu ihrem Recht verhelfen könne. Oft würde auch die Zeit davonlaufen. „Man muss sich ein bisschen von dem Gedanken verabschieden, dass dem eigenen Gerechtigkeitsgefühl immer abgeholfen wird. Aber es ist nicht immer alles ungerecht. Trotzdem kann man viel bewegen, das ist die Hauptsache. Und daran sollte man sich festhalten!“

Um die Verbesserung der Rechtsschutzmöglichkeiten von Flüchtlingen bemüht sich auch die katholische Kirche. Schon vor Jahrzehnten, so erläutert Klaus Barwig von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, hätten Kirchen und kirchliche Wohlfahrtsverbände eine Rechtsberaterkonferenz auf den Weg gebraucht, in der Spezialanwälte Betroffenen helfen. Auch die Vernetzung der studentischen Flüchtlingsberater ist der Akademie der Diözese ein Anliegen, sagt Barwig: „Und wenn hier von studentischer Seite, quasi von unten, eine Personengruppe dazukommt, die sich existentiell von der Fragen der Betroffenen betreffen lässt, dann kann das Einstellungen ändern. Haltungen und Einstellungen zugunsten des Humanum, zugunsten des Fremden zu befördern, ich glaube, das ist unsere ureigenste Aufgabe.“

(rv 22.08.2015 mch)








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