2015-08-12 12:18:00

Laudato Si`, Folge 5: Kultur des Relativismus


Es war so, es war nicht so. Manches arabische Märchen beginnt mit diesem Satz. Dieser Ausspruch verschleiert, ob sich eine Geschichte tatsächlich so zugetragen hat oder reine Phantasie ist. Die Geschichten der Bibel hingegen wollen ernstgenommen werden, so sehen das jene, die daran glauben. Doch in der säkularen Gesellschaft macht sich ein Phänomen breit, das die klaren Werte und Prinzipien der Heiligen Schrift nicht mehr für voll nimmt: Der Relativismus. Papst Franziskus hat es – seinen Vorgänger Papst Benedikt zitierend – die Kultur des Relativismus genannt und spricht darüber ganz konkret in seiner Ökologie-Enzyklika.

Im alltäglichen Leben sehen die Menschen sich zunehmend konfrontiert mit einer Vielzahl von möglichen Antworten. Sozialpädagogik studieren oder doch lieber ein freiwilliges soziales Jahr in Afrika? Ist es richtig, in die Kirche zu gehen oder mache ich mir doch lieber eine eigene Religion mit buddhistischen Elementen? Die große Freiheit unserer säkularen Gesellschaft überfordert uns oft. An welche letzten Antworten können wir uns noch halten?

Biblisch argumentieren

Papst Franziskus sieht in dem sich breit machenden Relativismus eine große Gefahr nicht nur für den Glauben, sondern auch für die gesamte Menschheit und die Schöpfung. Der deutsche Sozialethiker Elmar Nass erklärt, warum: „Wenn man den Relativismus ernst nimmt, gibt es kein objektives Prinzip und keine Norm, das mir hilft, Gutes vom Bösen zu unterscheiden. Wenn ich das ernst nehme, dann kann sich jeder im Sinne des Relativismus seine eigene Wahrheit machen. Dann kann man auch sagen, totalitäre Herrschaften und Denkweisen wie die des IS, das sind auch Menschen, die eine selbstgemachte Idee vom Guten haben und danach leben und dann muss man die halt so lassen, weil es ja deren Auffassung des Guten ist. Wenn ich das ernst meine, dann kann ich Totalitarismus von Demokratie überhaupt nicht mehr unterscheiden und das führt letztlich zur Preisgabe jeder Menschlichkeit.“

Eine Preisgabe der Menschlichkeit durch den Relativismus sieht Papst Franziskus in seiner Umweltenzyklika in vielen Bereichen. Sei es beim Menschenhandel, der Zwangsarbeit und der organisierten Kriminalität. Das Grundproblem sei, dass der Mensch nicht mehr eine höhere Wahrheit akzeptiere, sondern nach seinen eigenen Interessen und Bedürfnissen handle. Diese Gottvergessenheit berge auch Gefahren für die Umwelt. Denn wer an Gott glaubt, der wisse dass wir Verantwortung sowohl für den Menschen als auch für die Pflanzen und Tiere haben und könne nicht guten Gewissens Umweltverschmutzung betreiben, meint Pfarrer Elmar Nass. Deshalb fordert er von der Kirche, den Kern der christlichen Botschaft in der öffentlichen Debatte wieder stärker hervorzuheben: „Mit Gott zu argumentieren, mit der Heiligen Schrift zu argumentieren. Nicht politisch zu argumentieren, sondern biblisch mit der Tradition auf jeden Fall mit Glaubensargumenten, um auch wieder in die politische Diskussion mit hineinzubringen, was unser Eigenstes ist. Es bedeutet, diese Idee der Objektivität der Gottlosigkeit und Gottvergessenheit unserer Zeit entgegenzusetzen. Das ist meiner Meinung nach die Aufgabe, die die Kirche erfüllen kann.“

Ein Dienst der Kirche für alle

Wenn Franziskus von Schöpfung spricht, spricht er von einem gemeinsamen Haus. Die Bewahrung der Schöpfung und der Menschenwürde sei die Aufgabe aller. Elmar Nass ermutigt die Kirche dazu, sich bei ihrem Engagement für den Schutz der Umwelt Verbündete zu suchen. Zum Beispiel bei den anderen Religionen. „Die Menschen, die gemeinsam daran glauben, dass es eine objektive Idee von Wahrheit und vom Guten gibt und die unabhängig von der Begründung ob sie christlich, muslimisch oder säkular ist, die aber trotzdem zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt, dass es unbedingte Würde, unbedingte Werte gibt. Das wäre eine Lösung, die auch politisch und gesellschaftlich durchsetzbar wäre. Warum sollen wir als Kirche da nicht Vorreiter sein. Das würde uns gut zu Gesicht stehen, solche Koalitionspartner zu suchen. Da würde ich nur dazu ermutigen. Und dann können wir auch gesellschaftlich dem Relativismus wieder eine starke Koalition entgegensetzen.“

(rv 12.08.2015 cz)








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