2015-07-31 11:30:00

Ein Stück Normalität für die Flüchtlinge von Calais


Flüchtlingskrise, wo man hinsieht. Während das österreichische Flüchtlingslager Traiskirchen Menschenrechtler auf den Plan ruft, spitzt sich auch die Lage am Eurotunnel vor Großbritannien zu. In der Nacht zum Freitag haben französische Polizisten etwa 200 Asylbewerber am Eurotunnel in Calais gestoppt. Am Dienstag versuchten es gar 2.000. Wiederum Tausende warten noch in der Hafenstadt auf die nächste Gelegenheit zur Flucht. Freiwillige und die Kirche versuchen, den Flüchtlingen in Calais ein Stück Normalität zu bieten.

Warten. Warten auf den richtigen Tag. Warten bis es dunkel wird. Bis der Güterzug kommt. Die französische Hafenstadt Calais gegenüber des Eurotunnels ist seit Jahren ein Anziehungspunkt für Flüchtlinge. Sie wollen von dort aus mithilfe von Güterzügen nach Großbritannien gelangen. In diesem Jahr versuchten es laut Spiegel rund 37.000 Menschen. Bis zur Flucht warten sie in teils provisorischen Lagern. Pater Jean-Marie Rauwel von einer nahegelegenen katholischen Kirchengemeinde beschreibt die Lebensbedingungen wie folgt.

„Das Problem ist, das tägliche Essen zu verteilen. Einige Flüchtlinge kochen selbst. Auch die Unterkünfte sind schwierig zu handhaben. Im Sommer ist das noch kein Problem, aber wenn es kälter wird, regnet oder stürmt wird das schwierig, wenn man in einem Zelt oder in provisorischen Hütten schläft. Das ist ein großes Problem für die Flüchtlinge.“

Im Juni erst räumte die französische Polizei zwei improvisierte Lager in der Stadt. Örtliche Kirchenorganisationen und freiwillige Helfer versuchen, in der angespannten Situation auf die Flüchtlinge zuzugehen. Sie bringen regelmäßig Kleidung und Schuhe vorbei, verteilen Essen. Auch Jean-Marie Rauwels Kirchengemeinde beteiligt sich an den Hilfen.

„Wir laden Christen aus unserer Gemeinde ein, die Flüchtlinge zu besuchen, etwas vorbeizubringen, oder organisieren ein Frühstück. Hier gibt es schöne gemeinsame Erlebnisse. Vergangenes Jahr im September sind einige Freiwillige und Katholiken aus Calais mit rund 40 Migranten nach Lourdes gepilgert. Das war eine Gelegenheit, etwas gemeinsam zu erleben und sich auszutauschen. Das hat gezeigt, dass in Calais Menschen jeder Hautfarbe und Sprache zusammen sein können. Hier zeigte sich Solidarität, eine gegenseitige Unterstützung, Freundschaft, das Lachen der Flüchtlinge und ihre Kraft zu leben.“

Die meisten der Flüchtlinge bei Calais sind sehr jung, zwischen 17 und 25 Jahren, so der Pater. Aber auch Erwachsene, Familien mit Kindern und Alte kommen hier her, in der Hoffnung, in Großbritannien Asyl zu bekommen. Von den Medien werden sie meist als ein Problem gesehen. Pater Rauwel findet es hingegen wichtig, Vorurteile gegenüber ihnen abzubauen.

„Ich glaube, wer die Migranten nicht persönlich trifft und nicht mit ihrer Realität in Berührung kommt, versteht auch nicht ihre Situation. Aber bei jenen, die sich interessieren, die die Nähe zu den Flüchtlingen suchen, bei denen ändert sich auch der Blick. Es sind auch Studenten von der Sorbonne für einige Wochen nach Calais gekommen, um sich ein Bild von der Lage zu machen und zu helfen. Sie sagen, dass sie die Situation nun anders sehen, als sie in den Medien dargestellt wird. Sie sind überrascht über das Lächeln der Flüchtlinge, ihre Aufgeschlossenheit und ihr Wohlwollen.“

(rv 31.07.2015 cz)








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