2015-07-06 07:11:00

Bolivien: Das Gefängnis von Palmasola


Eines der berüchtigsten Gefängnisse in Lateinamerika: Palmasola in La Cruz, Bolivien. Papst Franziskus wird diesen Ort besuchen. Es ist kein Hochsicherheitsgefängnis, eher das Gegenteil: Eine Hüttenstadt von 10.000 Quadratmetern, umgeben von Mauern und Stacheldraht, von außen bewacht, innen herrscht eine mafiöse Selbstverwaltung der Inhaftierten. Ausgelegt wäre die Anstalt für 800 Häftlinge, aber es leben mehr als 5.000 dort, erklärt der Sozialarbeiter Mario Mazzoleni, der in Palmasola das Umerziehungszentrum für jugendliche Straftäter leitet. 5.000 Erwachsene, „nicht gezählt die Kleinkinder, die bis zum Alter von sechs Jahren im Gefängnis bei der Mutter bleiben“.

Die Justiz in Bolivien arbeitet langsam. Das spiegelt sich in der Belegung der Haftanstalt. Vier von fünf Inhaftierten in Palmasola sind keine verurteilten Straftäter, sondern warten noch auf ihr Urteil. „Das ist ein trauriger Rekord, den wir da in Bolivien haben“, sagt Mazzoleni. Papst Franziskus besucht diesen Ort, weil er für etwas steht, ist der Sozialarbeiter überzeugt: „Palmasola ist ein Synonym für die mit Füßen getretene Würde des Menschen: dort, wo die Armen wirklich die Ärmsten sind. Ein Symbol der sozialen Ächtung.“

Und Mazzoleni erzählt vom Leben in diesem Symbolort: „Ganze Familien überleben nur mit irgendwelchen Tricks, Kinder wachsen inmitten der Gewalt auf. Palmasola ist ein Stadtviertel, eine Kleinstadt. Im Pavillon PS4, den der Papst sehen wird, leben viele Kinder, dort gibt es Geschäfte, Handelsaktivitäten, und die soziale Kontrolle übernehmen Gruppen von Häftlingen, die eigens gewählt werden.“ Nicht immer zum Besten der anderen. 2013 starben hinter diesen Mauern mehr als 30 Menschen, darunter ein zweijähriges Kind, bei einer Auseinandersetzung rivalisierender Banden. Hin und wieder wagt sich die Polizei ins Innere von Palmasola vor und durchsucht die Hütten. „Jedes Mal finden sie Messer oder Handys, immer etwas, das da nicht sein sollte.“

Mazzoleni selbst leitet eine kleine Zelle der Hoffnung in der Gefangenenstadt: ein Jugendzentrum für 14- bis 15-Jährige, die ihrer Freiheit beraubt sind. „Aber es ist von der katholischen Kirche geleitet und modellhaft: es ist ein Erziehungszentrum, kein Strafzentrum. Dort arbeiten wir daran, dass die Menschen die Werte wiederentdecken, die sie unterwegs in ihrem Leben verloren haben. So müssten alle Gefängnisse sein. Die Idee ist die: Die Menschen sollen sich nicht, weil sie straffällig geworden sind, aller ihrer Rechte beraubt sehen.“

(rv 05.07.2015 gs)

 








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