2015-07-02 10:50:00

D: „Gender-Debatte bietet auch der Kirche Chancen"


Die Gender-Debatte kann der katholischen Kirche helfen zu verstehen, welche großen Möglichkeiten für sie selbst darin liegen, Frauen und ihre Talente besser in die Kirche einzubinden. Das sagt die Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), Maria Flachsbarth, im Gespräch mit Radio Vatikan. Anliegen der breit und erhitzt geführten Gender-Debatte in Europa ist es, Gerechtigkeit und gleiche Würde für Frauen wie Männer zu verwirklichen. Bestimmte Anliegen und Methoden der Gender-Bewegung allerdings lösen bei katholischen Gläubigen Unbehagen und Abwehr aus. Der Katholische Deutsche Frauenbund hat jetzt eine Broschüre zum Thema veröffentlicht, die den Begriff Gender in seiner Breite erklärt und zur Versachlichung der Debatte beitragen will. Gudrun Sailer sprach mit Maria Flachsbarth und wollte zunächst von ihr wissen, warum man sich in der katholischen Kirche, zumal als Frauen, mit dem Thema Gender auseinandersetzen muss.

„Die katholische Kirche ist von ihrer Struktur her eine Organisation, die hierarchisch und patriarchal aufgebaut ist und in der Männer eine besonders dominante Rolle spielen. Wir als Frauen sagen, auch wir sind Christinnen, auch wir sind gesegnet, auch wir haben wichtige Rollen in unseren Gemeinden, manches Gemeindeleben wäre im pastoralen und diakonischen Bereich ohne Frauen schlicht nicht vorstellbar: Vieles wie Kommunionunterricht, der Besuch von Alten und Kranken könnte überhaupt nicht mehr aufrecht erhalten werden ohne Frauen. Deshalb beanspruchen wir eine wichtige und tragende Rolle in unserer Kirche, und das führt manchmal zu Konflikten.“

In Teilen der Kirche – einschließlich dem Vatikan – herrschen große Vorbehalte gegen bestimmte Gender-Theorien, die im Verdacht stehen, das Bild des Menschen komplett umstürzen zu wollen. Gibt es Auswüchse des Gender-Denkens, die man tatsächlich kritisch sehen muss ?

„Absolut. Es gibt Begriffe, die verabsolutiert werden - wo also negiert wird, dass es einen Unterschied gibt zwischen Männern und Frauen, und wo die Unterschiede ausschließlich auf soziale Prägungen, auf Erziehung und kulturelle Einflüsse zurückgeführt werden. Und es wird negiert, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind.“

Können Sie uns da ein Beispiel nennen?

„Es hat einmal eine Bestrebung in Frankreich gegeben, wo nur noch von Elternteil 1 und Elternteil 2 die Rede sein sollte und nicht mehr von Vater und Mutter! Um auf jeden Fall jede Form von Diskriminierung zu vermeiden. Aber ich glaube, das ist eine fälschliche Verallgemeinerung, die dem Wesen des Menschen, der als Mann und Frau geschaffen ist, nicht gerecht wird.“

Die Gender-Debatte wird und muss ja nun in der Kirche weitergeführt werden. Wohin kann dieses gemeinsame Nachdenken in der Kirche über Mann und Frau positiverweise führen?

„Es ist ein Weg für die Kirche, den sie jetzt beschritten hat, zu sehen, welch große Chance und Möglichkeit für sie selbst darin liegen, Frauen und ihre Talente zu berücksichtigen und einzubinden in ihre Strukturen. Das ist ein großer Reichtum, den die Kirche hat, den sie aber bisher nicht so wahrgenommen hat, wie er wahrgenommen werden sollte. Wir als Katholischer Deutscher Frauenbund wollen keine Gleichmacherei. Wir wollen Männer und Frauen in ihrer Differenziertheit gelten lassen, in ihrer Person und Persönlichkeit, die letztlich auch durch ihr Geschlecht bestimmt werden. Nochmal: Männer und Frauen sind unterschiedlich. Aber was wir wollen, ist eine Chancengerechtigkeit. Jeden und jede nach ihren Talenten, Fähigkeiten, Möglichkeiten, Persönlichkeit einzubinden und angenommen zu wissen als geliebte Töchter und Söhne unseres Herrn und als Christinnen und Christen, die in dieser Welt ihren Weg gehen gemeinsam als Kirche. Das ist das Anliegen, das wir vertreten.“

Welchen Beitrag erhoffen Sie sich konkret mit der Broschüre des Frauenbundes in der Debatte zu leisten?

„Wir erhoffen uns eine Versachlichung der Gender-Debatte, und dass wir auf der anderen Seite zu zeigen, wie wichtig es ist, diese Aspekte mit in der Diskussion zu berücksichtigen.“

(gs 02.07.2015 gs) 








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