2015-06-29 10:15:00

Österreich: „Flüchtlingshilfe ist machbar“


Mit deutlicher Kritik an der gegenwärtigen Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie der öffentlichen Debatte in Österreich darüber hat sich Kardinal Christoph Schönborn zu Wort gemeldet. „Mit ihren ergebnislosen Gipfeln verzerrt die Politik die Wirklichkeit“, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz und Erzbischof von Wien im Gespräch mit dem „Kurier“. Die Politik erzeuge „den Anschein, dass die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge ein unlösbares Problem wäre“. Schönborn wörtlich: „Damit wird ein an sich bewältigbares Problem in der Bevölkerung zunehmend als Überforderung des Landes empfunden.“ Zugleich warnte der Vorsitzende der Bischofskonferenz vor einer zusehends aggressiver werdenden Debatte. Es brauche eine „Abrüstung der Worte“.

Problematisch bewertete Schönborn die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten: Dies habe „jedenfalls dazu beigetragen, den Eindruck in der Bevölkerung zu verstärken, dass kein regulärer Platz für Flüchtlinge mehr vorhanden ist. Was definitiv nicht der Fall ist.“ Der Wiener Erzbischof verwies darauf, dass in mehr als zwei Drittel der österreichischen Ortsgemeinden nicht ein einziger Flüchtling untergebracht seien, was die „Notwendigkeit von Zeltlagern sehr fragwürdig“ mache – zumal es in der Bevölkerung „genug Hilfsbereitschaft gibt, um alle Flüchtlinge anständig aufnehmen zu können“.

Der Zustrom von Flüchtlingen sei eine echte und große Herausforderung, die man nicht kleinreden solle, räumte der Kardinal ein. Dass die Aufgabe aber bewältigbar sei, zeige der Blick auf den Umgang Österreichs mit den Flüchtligswellen aus Ungarn 1956, aus der Tschechoslowakei 1968 und im Zuge des Krieges in Jugoslawien. Sollten tatsächlich heuer 70.000 Flüchtlinge nach Österreich kommen, wären das aber nur acht Flüchtlinge auf 1.000 Österreicher. „Wir können noch sehr viel tun, bevor wir an unsere Grenzen kommen“, sagte der Wiener Erzbischof und verwies auf den Libanon, der ungefähr halb so viele Einwohner wie Österreich hat, aber bis dato über eine Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen habe. „Ich wünsche Österreich solche Zustände nicht, aber wir dürfen uns schon ein wenig beschämen lassen durch das, was dort getan wird.“

(kap 29.06.2015 sk)








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