2015-06-28 08:34:00

Aktenzeichen: Gründung der UNO – vor 70 Jahren


Der Krieg war noch in vollem Gange, da verständigten sich am 1. November 1943 die Außenminister Chinas, Frankreichs, Großbritanniens, der UdSSR und der USA darauf, nach dem Sieg über die Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan eine globale Friedensorganisation zu schaffen. Es dauerte aber noch viele Monate, bis es endlich so weit war. Am 26. Juni 1945 unterzeichneten insgesamt 50 Nationen der Welt in San Francisco die so genannte UNO-Charta. Die Satzung der Vereinten Nationen war geboren.

Heute hat die UNO 191 Mitgliedstaaten, die Charta selbst hat sich in den 70 Jahren seit ihrem Bestehen jedoch nicht verändert. Die Inhalte sind zeitlos, denn die Vereinten Nationen haben sich kein geringeres Ziel gesetzt, als den Weltfrieden zu wahren – sei es durch Schlichtungsbemühungen, sei es durch kollektive Maßnahmen bei Angriffshandlungen und Kriegsgeschehen. Leider sind dabei die Bemühungen für eine friedliche Lösung nicht immer erfolgreich. Die vielen Kriegsherde, Revolutionen und Überfälle auf der ganzen Welt sind ein trauriger Beweis dafür.

Auf der Grundlage der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung will die UNO aber auch freundschaftliche Beziehungen zwischen den Nationen fördern und durch internationale Zusammenarbeit zur Lösung politischer, wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Probleme beitragen. Diesen Zielen dienen die UNO-Vollversammlung, der Sicherheitsrat, der Wirtschafts- und Sozialrat, der Internationale Gerichtshof in den Haag und das Sekretariat mit dem Generalsekretär in New York. Seit 2007 ist dies der Südkoreaner Ban Ki-moon. Daneben operieren Organe und Sonderorganisationen wie der internationale Kinderhilfsfonds UNICEF, der Internationale Währungsfonds und die Weltgesundheitsorganisation WHO. In den einleitenden Artikeln und der Präambel der UN-Charta steht die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

Allein schon deshalb ist auch der Heilige Stuhl in Rom Mitglied der UNO im Status eines Beobachters. Gehören die Menschenrechte doch zu den Grundforderungen der katholischen Kirche. Seit der Gründung der UNO haben bisher drei Päpste vier Mal vor diesem Weltforum, den Vereinten Nationen, in New York gesprochen.

Papst Paul VI. am 4. Oktober 1965

Diese erste Reise eines Papstes zu den Vereinten Nationen, die weltweit Aufsehen erregte, erfolgte auf Einladung des UNO-Generalsekretärs U Thant und des Präsidenten der Vollversammlung, des ital. Christdemokraten Amintore Fanfani.

Der Papst stellte sich den Delegierten der Völker vor als Bote des Konzils, das an die Welt eine Botschaft der Hoffnung und des Friedens zu richten habe. Nach einer langen Reise von zwanzig Jahrhunderten überbringe er einen Ruf zur Einheit: Mit einem Hinweis auf die Areopag-Rede des Hl. Paulus mündete diese Ansprache, eine der wichtigsten politischen Reden des 20. Jahrhunderts, in ein Glaubenskenntnis zu Gott, dem Vater aller Menschen.

Papst Johannes Paul II. am 2. Oktober 1979

Schon anlässlich seiner ersten USA-Reise besuchte Johannes Paul II. auf Einladung des UNO-Generalsekretärs Kurt Waldheim die Vereinten Nationen, um die Wertschätzung zu unterstreichen, die sein Vorgänger 1965 dieser Organisation aussprach.

Aus der deutschen Übersetzung der frz. gehaltenen Ansprache: Vor 14 Jahren sprach von dieser Tribüne mein großer Vorgänger Papst Paul VI. Er hat damals einige unvergessene Worte ausgesprochen, die ich heute wiederholen möchte: „Niemals wieder Krieg, niemals! Niemals wieder die einen gegen die anderen“ und auch nicht „der eine über den anderen“, sondern immer und in jedem Fall „die einen mit den anderen“. Paul VI. hat der Sache des Friedens unermüdlich gedient. Auch ich will mit all meinen Kräften ihm darin nachfolgen und diesen seinen Dienst fortsetzen. Die katholische Kirche verkündet an allen Orten der Erde eine Botschaft des Friedens, sie betet für den Frieden und erzieht den Menschen zum Frieden. An dieser Zielsetzung nehmen in engagierter Weise auch die Vertreter und Anhänger anderer Kirchen und Gemeinschaften sowie anderer Religionen der Welt teil. Und diese Arbeit, verbunden mit den Anstrengungen aller Menschen guten Willens, bringt sicher ihre Früchte.

Papst Johannes Paul II. am 5. Oktober 1995

Bewusst zum 50. Jubiläum der UNO besuchte der Papst die Vereinten Nationen abermals. Er sagte unter anderem: „Wie nur könnten wir in unserem Jahrhundert nicht an das prophetische Wort meines Vorgängers Benedikt XV. erinnern, der im Verlauf des I. Weltkriegs an alle mahnte, dass die Nationen nicht sterben mögen und dazu einlud, mit ernsthaftem Bewusstsein die Rechte und berechtigten Interessen der Völker zu prüfen?“

Der Papst antwortete u.a.: „Meine Damen und Herren, hier bin ich vor Ihnen, wie mein Vorgänger Papst Paul VI. vor genau 30 Jahren, nicht als irgendjemand, der eine zeitliche Macht hat, das waren seine Begriffe, auch nicht wie ein religiöses Haupt, das spezielle Vergünstigungen für seine Gemeinschaft wünscht. Ich bin hier vor Ihnen als ein Zeuge, als Zeuge für die Überzeugung, dass die Bestimmung aller Völker in den Händen einer barmherzigen Vorsehung zu finden ist. Wir müssen unsere Angst vor der Zukunft überwinden. Aber wir können sie nicht gänzlich überwinden außer: zusammen. Die Antwort auf diese Angst ist weder Zwang noch die Unterdrückung, auch nicht ein einziges soziales Modell, das der ganzen Welt auferlegt wird. Die Antwort auf die Angst, wie sie die menschliche Existenz am Ende des 20. Jahrhunderts verdunkelt, das ist die gemeinsame Anstrengung dafür, die Zivilisation der Liebe aufzubauen, gegründet auf den universellen Werten des Friedens, der Solidarität, der Gerechtigkeit und der Freiheit. Die Seele der Zivilisation der Liebe, das ist die Kultur der Freiheit: die Freiheit der Einzelnen und der Nationen, gelebt in einem hingebungsvollen Geist der Solidarität und Verantwortung.“

2008 spricht Papst Benedikt XVI, vor der UNO am 18. April 2008.

Die Ansprache wurde auf Französisch und Englisch gehalten. Anlass des Besuchs war der 60. Jahrestag der Verkündung Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die UNO im Jahr 1948. Papst Benedikt XVI. ging in einiger Hinsicht über die von den Vorgängern ausgesprochenen Grundsätze hinaus, u.a. erinnerte er dabei an Franz von Vitoria:

„Das Prinzip der ,Verantwortung zu schützen´ wurde vom alten Völkerrecht als Grundlage jeder unternommenen Handlung der Autorität gegenüber jenen angesehen, die von ihr regiert werden: In der Epoche, als das Konzept des souveränen Nationalstaats sich zu entwickeln begann, beschrieb der Dominikanermönch Franz von Vitoria, der mit Recht ein Vorläufer der Idee vereinter Nationen genannt werden kann, jene Verantwortung als einen Aspekt der natürlichen Vernunft, an der alle Nationen teilhaben, und als Frucht eines zwischenstaatlichen Rechts, dessen Aufgabe es sei, die Beziehungen zwischen den Völkern zu regeln. Heute wie damals muss so ein Prinzip die Idee der Person als Bild des Schöpfers aufscheinen lassen, und auch als den Wunsch nach dem Absoluten und als das Wesen der Freiheit.“

Soweit unsere Rückschau auf die Gründung der UNO vor 70 Jahren am 26. Juni 1945. – Auch Papst Franziskus wird eine Rede vor der UNO-Vollversammlung halten. Und zwar am 25. September dieses Jahres und gleichzeitig – als erster Papst in der Geschichte – an den amerikanischen Kongress eine Ansprache richten. Die Reise im September wird die erste offizielle Visite von Papst Franziskus in den USA sein.

Aldo Parmeggiani

(rv 28.06.2015 ap)








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