2015-05-30 09:48:00

Diskriminierung von Christen - in Europa


Syrien, Irak, Saudi-Arabien: Die Liste von Ländern, in denen Christen wegen ihres Glaubens diskriminiert werden, ist lang. Und in diese Liste können sich auch europäische Länder einreihen, sagt Gudrun Kugler. In Zusammenarbeit mit der OSZE dokumentiert die Österreicherin systematisch Übergriffe auf Christen in Europa. Jährlich bringt das Dokumentationsarchiv der Intoleranz gegen Christen in Europa einen Bericht heraus, um die Lage auf unserem Kontinent zu dokumentieren. Für das vergangene Jahr analysierten Kugler und ihre Mitarbeiter exemplarisch 150 Übergriffe auf Christen (in Wahrheit seien es viel mehr) und intolerante Antidiskriminierungsgesetze.

Obwohl das Bewusstsein für Religionsfreiheit wächst, stehen europäische Gesetze dem entgegen und schränken Christen in ihrer freien Religionsausübung ein, wie Kugler im Gespräch mit Radio Vatikan urteilt. Es gehe vor allem um überall in Europa verbreitete „Gleichbehandlungsrichtlinien“; was das heißt, erklärt Kugler so: „Das klingt jetzt sehr abstrakt. Es bedeutet, dass ein Unternehmer, sobald er etwas gegen Geld macht, seine Kunden nicht mehr frei auswählen darf. Also, seine Vertragsfreiheit wird eingeschränkt. Auch das ist meistens kein Problem, weil er sich ja über jeden Kunden freut - aber das Problem kommt dann, wenn für einen Unternehmer ein moralischer Konflikt entsteht. Zum Beispiel für einen Bäcker, einen Floristen oder einen Fotografen bei der Zulieferung einer Verpaartnerung von Homosexuellen.“ Kugler berichtet von einem Bäcker aus Irland, der vor kurzem verurteilt wurde, weil er für eine Verpaartnerungsfeier keine Torte liefern wollte mit der Aufschrift „Support Gay Marriage“.

Grund für diese zunehmende Intoleranz, die Kugler seit fast zehn Jahren dokumentiert, ist aus ihrer Sicht ein starker Säkularismus, der für Religionen keinen Platz habe: „Europa sollte dahin kommen, dass man sagt, wir haben Platz für alle – jene, die Glauben haben, und die, die keinen Glauben leben. Wenn sie Glauben leben, dann auch für verschiedene Religonen. Dafür muss heute in Europa Platz sein! Es gibt einen schönen englischen Begriff für dieses Platzhaben, nämlich reasonable accommodation – in vernünftigen Strukturen Platz für alle haben. Es scheint, dass das Pendel in Europa sehr in Richtung Säkularismus gegangen ist. Dieser Säkularismus sieht keinen Platz für Religionen vor, für ihn ist Religion etwas Schlechtes und kann allerhöchstens im Privaten toleriert werden.“ Aus Kuglers Sicht ist diese Haltung für Europa die falsche. Sie müsste überwunden werden, damit es auch die rechtlichen Probleme nicht mehr gebe.

Die Probleme, die sie sieht, kann man in fünf Bereiche zusammenfassen: Redegesetze, Elternrechte, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Gleichbehandlungsgesetze und Gewissensfreiheit. Dies alles seien Themen, die das säkularisierte Europa hervorgebracht habe, findet Kugler. Zu den gesetzlichen Einschränkungen gegenüber Christen kommen aber auch ganz konkret Übergriffe, Vandalismus gegen christliche Gebäude sei vor allem in Frankreich alltäglich, wie Kugler berichtet. Doch allzu häufig werden Übergriffe auf Christen nicht als solche charakterisiert, sondern als reiner Vandalismus klassifiziert. „Wir sehen ein Problem in der politischen Korrektheit, dass man sagt, es ist natürlich nicht in Ordnung, dass man Minderheiten angreift, aber wenn es dann gegen Christen geht, dann ist es nicht besonders schick, wenn man das auch noch unterstreicht. Wir sehen, dass in der gesamten OSZE-Region von über fünfzig Ländern nur neun Länder Übergriffe auf Kirchen und christliche Stätten eigens dokumentieren.“ Während Übergriffe auf jüdische und muslimische Gebäude auch als solche in Statistiken klassifiziert werden, werden Übergriffe auf christliche Gebäude als Anschläge auf „Gebäude des öffentlichen Rechts“ geführt, erklärt Kugler. Das sei Diskriminierung, wenn derartige Überfälle nicht als solche klassifiziert würden. In Frankreich richteten sich 85% aller Akte des Vandalismus, die mit Religion zu tun haben, gegen christliche Gebäude. Charakterisiere man diese nicht als solche, dann könne man auch nicht das Problem behandeln - und Europa könne sich kaum zu einem gerechteren Ort entwickeln. „Aber ich glaube, wenn Europa beginnt, Religionsfreiheit besser zu verstehen, und was Religionsfreiheit erfordert, und wie man es schafft, miteinander zu leben, wo alle Platz haben mit dem Stichwort reasonable accommodation, dann kann Europa aus dieser Teenager-Phase heraus erwachsen werden. Das ist ein anderes Europa, als wir vor hundert Jahren gehabt haben, das ist klar, Aber es ist ein freies und faires Europa, wo alle Platz haben – eben auch Christen!“

(rv 30.05.2015 pdy)








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